Die Hochwasser führende Donau in Bayern. Durch Hochwasserereignisse wird Mikroplastik aus den Flusssedimenten in Richtung Meer geschwemmt.

APA/dpa/Armin Weigel

Wiesbaden/Manchester/Wien – Die Pilotstudie handelt zwar nur von deutschen Gewässern – konkret: von Rhein, Donau und ihren Nebenflüssen. Doch man kann davon ausgehen, dass ihre Ergebnisse mit entsprechenden Abänderungen auch für Österreich gelten. Es ging einmal mehr um Mikroplastik, die kleinen Kunststoffpartikel, die beim Zerfall von Plastikmüll entstehen, aber auch durch Kosmetika, Fleece-Kleidung und andere Quellen über unser Abwasser in die Gewässer gespült werden.

Längst sind auch Lebensmittel wie Salz, Honig und Getränke mit Mikroplastik kontaminiert. Und sogar exklusives Wasser in Plastikflaschen kann Mikroplastik enthalten, wie vergangene Woche gleich zwei Untersuchungen bestätigten.

Keine Messstelle ohne Plastik

Doch wie verteilen sich die Teilchen im Verlauf europäischer Flüsse und in deren jeweiligem Einzugsgebiet? Das untersuchten Forscher nun an Rhein und Donau, zwei der größten Flüsse Europas, die beide als hochgradig mit Mikroplastik belastet gelten. Für die Studie, die vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie koordiniert wurde, analysierten Forscher Proben aus 52 Messpunkten an 25 Flüssen im Einzugsgebiet von Rhein und Donau.

Das Ergebnis: Kein einziger beprobter Fluss war unbelastet. An allen Messpunkten wiesen die Wissenschafter Mikroplastik nach. Insgesamt fanden sie 4.335 Kunststoffpartikel, davon 99 Prozent kleiner als fünf Millimeter. Wie die Forscher berichten, dominierten unter diesem Mikroplastik die besonders winzigen Teilchen: Partikel mit einer Größe zwischen 0,02 und 0,3 Millimeter waren mit rund 62 Prozent am häufigsten vertreten. Die Menge an Mikroplastik war allerdings je nach Fluss und Probenstelle sehr unterschiedlich.

Niedrigste und höchste Konzentrationen

Die niedrigste Konzentration fanden die Forscher am Rhein knapp südlich von Mainz mit 2,9 Partikel pro Kubikmeter Wasser. Die höchste Dichte hatte das Mikroplastik mit gut 214 Partikel pro Kubikmeter im Mündungsbereich der Emscher. Insgesamt liegen diese Werte damit in der gleichen Größenordnung wie Befunde aus vergleichbaren europäischen und nordamerikanischen Gewässern, so die Forscher.

Zahl der Plastikpartikel in ausgewählten Flüssen West- und Süddeutschlands.
Grafik: Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie

Entgegen landläufiger Annahme nimmt die Mikropartikel-Belastung des Wassers offenbar nicht mit dem Flussverlauf zu. Und auch drastische Anstiege in Ballungsräumen oder Industriegebieten habe man nur in Einzelfällen festgestellt – unter anderem in der Ruhr. Ein weiteres überraschendes Ergebnis: Rhein und Donau selbst sind nicht die am stärksten belasteten Flüsse. Stattdessen wurden höhere Partikelkonzentrationen vor allem in kleineren und mittleren Nebengewässern gemessen.

Woher kommt das Mikroplastik?

Wie die Analysen ergaben, bestand gut die Hälfte aller identifizierten Kunststoffpartikel aus Polyethylen, rund ein Drittel aus Polypropylen. Diese Polymere sind die Kunststoffe, die den größten Marktanteil besitzen. Bei der Form des Mikroplastiks dominierten unregelmäßig geformte Partikel, die wahrscheinlich durch den Zerfall von größeren Kunststoffobjekten entstanden sind. Aber auch Plastikfasern und Kügelchen wiesen die Forscher nach.

"Die Fasern dürften auf Textilrückstände hindeuten, die sich beim Waschvorgang von Textilien lösen und über Kläranlagen in die Gewässer eingetragen werden", so die Wissenschafter. "Neben Textilien können die Fasern aber auch aus Baustoffen, Seilen oder Obstnetzen stammen." Plastikkügelchen, auch Beads genannt, stammen dagegen häufig direkt aus Kosmetika-Rückständen oder Baustoffen.

Bestätigung durch britische Studie

Der Nachweis von Mikroplastik an allen untersuchten Messstellen weist auf eine ubiquitäre Präsenz dieser Fremdstoffe in der Umwelt hin, was eine weitere Studie aus Großbritannien bestätigt: Forscher um Rachel Hurley (Uni Manchester) untersuchten verschiedene britische Flüsse an 40 Messpunkten und fanden bis zu 517.000 Mikroplastikteilchen pro Quadratmeter im Sediment.

Wie die Forscher im Fachblatt "Nature Geoscience" berichten, kam es durch Hochwasserereignisse zu einem großflächigen Abtransport der Teilchen, wie die Messungen ergaben. Die Teilchen verschwanden damit natürlich nicht, sondern wurden in Richtung Meer transportiert. Das wiederum mache offensichtlich, wie wichtig Flüsse als Zulieferer für Mikroplastik in den Ozeanen sind. (tasch, 19.3.2018)