Gedenken. Ist so eine Sache. Kann bei allem guten Willen zu einem inhaltsleeren Ritual werden. Der "Staatsakt" in der Präsidentschaftskanzlei aus Anlass des 80. Jahrestags des 12. März 1938 ("Anschluss" an Hitler-Deutschland) war das nicht. Bundeskanzler Sebastian Kurz hielt eine inhaltlich korrekte, konventionelle Rede, Bundespräsident Van der Bellen sprach eine kluge Warnung vor der "schleichenden Aushöhlung der Demokratie" aus. Der Künstler André Heller würdigte den unfassbaren Mut derer, die Widerstand leisteten. Und sagte dann, heute riskiere man eben nicht Folter und Tod, wenn man gegen Rassismus, Fremdenhass etc. auftrete. "Daher gibt es keine Ausrede, dagegen nicht aufzutreten."

Am Vorabend sagte Karin Bergmann, die Direktorin des Burgtheaters, ganz Ähnliches: "Man kann nicht wissen, wie wir uns damals verhalten hätten. Aber wir wissen genau, was wir heute zu tun haben."

In die stringenteste Form hat das aber der Schauspieler Miguel Herz-Kestranek gebracht: "In dem Zusammenhang stellen sich zwei Fragen. Die schwere Frage lautet: Wie hätte ich damals gehandelt? Schwer zu sagen. Ganz leicht hingegen antworten kann man auf die zweite Frage: Und wie handle ich heute?"

"Was wäre ich gewesen damals: ein Feiger oder ein Mutiger? – Aber viel wesentlicher: Was bin ich heute, wo es nicht den geringsten Mut erfordert?"

Das ist der Kern der Sache. (Hans Rauscher, 12.3.2018)