Horst Seehofer war seit 2008 Ministerpräsident von Bayern.

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Berlin/München – Zum Schluss wurde es dann doch ein bisschen emotional. Der Abgang aus der Staatskanzlei sei eine "Zäsur, die auch ein Stück weit unter die Haut geht", erklärte Horst Seehofer am Dienstag bei seiner letzten Pressekonferenz als bayerischer Ministerpräsident. Zuvor war das Kabinett zum letzten Mal unter seiner Führung zusammengetreten.

Fast zehn Jahre lang hat Seehofer Bayern als Ministerpräsident regiert. Eigentlich hätte er ja nicht erst im Jahr 2008, sondern schon 2007 – nach dem Sturz von Edmund Stoiber – Regierungschef des Freistaates werden wollen. Doch daraus wurde nichts. Die "Bild"-Zeitung enthüllte, dass Seehofer in Berlin ein uneheliches Kind habe. In die Staatskanzlei zog dann Günther Beckstein ein, CSU-Chef wurde Erwin Huber.

Doch beide blieben nicht lange, denn bei der Landtagswahl im Herbst 2008 war das Ergebnis für die CSU katastrophal. Sie sackte von 60,7 auf 43,3 Prozent ab, verlor die Absolute und war gezwungen, mit einem Koalitionspartner, nämlich der FDP, zu regieren.

Einige Wendemanöver

Und plötzlich wurde Seehofer doch noch gebraucht. Die alten Geschichten – vergessen. Der kantige Ingolstädter schien der Einzige zu sein, der die CSU noch retten konnte. Er übernahm Staatskanzlei wie Partei und predigte den seinen Bescheidenheit.

Seehofer selbst machte Beschlüsse der Stoiber-Regierung rückgängig: Beamte bekamen wieder die 40-Stunden-Woche, zwei Stunden Arbeitszeit fielen weg. Bei den Studiengebühren war er zuerst dafür, dann dagegen, sie wurden wieder abgeschafft.

Auch im Bund sind seine Wendemanöver legendär. Im Sommer 2010 wollte er dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) die Aussetzung der Wehrpflicht noch nicht durchgehen lassen. Ein paar Monate später stimmte die CSU für das Ende der Wehrpflicht.

Ähnlich war es bei der Atomkraft. Im Juli 2010 hielt er sie noch für unverzichtbar, nach dem Super-GAU von Fukushima (im März 2011) aber dann den Ausstieg doch für "ethisch geboten". Da hatte er immerhin etwas mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel gemein, in Bayern aber trug ihm seine Wendigkeit den Namen "Horst Drehhofer" ein, und in der CSU spottete man gelegentlich über "Crazy Horst".

Ausgeglichener Haushalt

Doch er konnte es sich lange leisten, denn 2013 gelang es ihm, die Schmach von 2008 zu tilgen. Die CSU erreichte bei der Landtagswahl wieder die absolute Mehrheit, Seehofer war der "König". Zudem steht Bayern wirtschaftlich gut da, der bayerische Haushalt ist ausgeglichen.

Doch es machte sich auch im "Paradies", wie Seehofer Bayern schon mal bezeichnet, Unzufriedenheit breit, vor allem 2015, als so viele Flüchtlinge kamen. Seehofer schoss scharf nach Berlin, die Angriffe trafen Merkel persönlich. Unvergessen ist, wie er sie am CSU-Parteitag im Herbst 2016 auf offener Bühne abkanzelte.

Die Quittung folgte bei der Bundestagswahl mit dem historisch schlechten Ergebnis von 38,8 Prozent. Es war der Startschuss für Sägearbeiten an Seehofers Stuhl. Das Amt als Ministerpräsident musste er zugunsten von Markus Söder aufgeben, den CSU-Vorsitz zu behalten schaffte er. Jetzt geht er als Innenminister nach Berlin. Doch verwunden hat er die Entwicklung noch nicht: "Fragen Sie bitte andere, warum ich in Bayern aufhören, aber in Berlin unverzichtbar sein soll." (Birgit Baumann aus Berlin, 13.3.2018)