Bei Hawking wurde 1963 die seltene Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) diagnostiziert.

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2007 erlebte Hawking die Schwerelosigkeit bei einem Flug über den Atlantik: "Das war großartig. Ich hätte immer so weitermachen können", sagte er danach.

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Hawking mit seiner Ex-Frau Jane (links) und seiner Tochter Lucy bei den britischen Film-Awards Bafta im Jahr 2015.

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Jane und Stephen Hawking heirateten 1965 – trotz der ALS-Diagnose. 1990 ließ sich das Paar scheiden.

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Später heiratete Hawking seine Pflegerin Elaine Mason, deren vorheriger Mann den ersten Sprachcomputer des Physikers entwickelt hatte.

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Der britische Physiker und Autor Stephen Hawking ist am Mittwochmorgen im Alter von 76 Jahren gestorben. Seine Familie bestätigte seinen Tod in einer Stellungnahme. Hawkings Kinder, Lucy, Robert und Tim, sagten darin: "Wir sind zutiefst traurig, dass unser geliebter Vater heute gestorben ist." Und sie fügten hinzu: "Er hat einmal gesagt: 'Es wäre kein Universum, wenn es nicht das Zuhause der Menschen wäre, die wir lieben.' Wir werden ihn immer vermissen." Hawking ist friedlich in seinem Haus in Cambridge gestorben.

Hawking war unbestritten der bekannteste Physiker seiner Zeit. Und dafür gab es viele, sehr unterschiedliche Gründe, und es hatte immer wieder damit zu tun, dass Hawking den gängigen Gesetzen der Wissenschaft widersprach. Schon in seiner Dissertation in theoretischer Astrophysik an der University of Cambridge zeigte sich seine außergewöhnliche wissenschaftliche Intelligenz und Intuition. Er schlug darin eine These über den Ursprung des Universums vor, die im Widerspruch zu den damaligen Theorien stand: Er lieferte einen Beweis der notwendigen Existenz von sogenannten Singularitäten in der allgemeinen Relativitätstheorie. Dieses Singularitätentheorem formulierte er gemeinsam mit dem britischen Physiker Roger Penrose.

Physik der Schwarzen Löcher

Nach seiner Dissertation 1966 folgten weitere bedeutende Beiträge zur Kosmologie, zur allgemeinen Relativitätstheorie und zur Physik der Schwarzen Löcher. Eine seiner wichtigsten theoretischen Entdeckungen dabei: die nach ihm benannte Hawking-Strahlung. Dieses Konzept besagt, dass selbst Schwarze Löcher nach den Gesetzen der Quantenfeldtheorie Strahlung abgeben.

Später widmete er sich unter anderem dem immer noch ungelösten Black Hole Information Loss Problem – wobei er nicht nur eine Wette gegen Physiker, die eine konkurrierende Theorie vertraten, verlor, sondern mitunter auch physikalische Thesen aufstellte, die seinen eigenen zuvor aufgestellten Theorien widersprachen.

ALS-Diagnose

Durch populärwissenschaftliche Bücher wurde er zudem auch einem breiten Publikum außerhalb der wissenschaftlichen Community bekannt – vor allem aber auch durch sein nicht minder bewegendes Privatleben. Dieses war vor allem von der seltenen Krankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) bestimmt, die bei Hawking 1963 diagnostiziert wurde. Dabei degeneriert das motorische Nervensystem zunehmend – und meist äußert rapide. Die Mediziner prophezeiten dem damaligen Studenten, nur noch wenige Jahre zu leben. Die Signale des Gehirns würden zunehmend nicht an die Muskeln gesendet werden, und während der Körper verfalle, bleibe das Gehirn unbeeinträchtigt.

In einem Vortrag, den Stephen Hawking 2013 im Science Museum London gehalten hat, resümierte er sein Leben und seine Wissenschaft.
Science Museum

Hawking widerlegte die medizinischen Vorhersagen und überlebte die ihm gesetzte Frist um ein Vielfaches. Offenbar war er an einer sogenannten chronisch juvenilen ALS erkrankt, die einen extrem langen Krankheitsverlauf nimmt. Schon während seiner Dissertationszeit bildete sich die Motorik seiner Hände derart zurück, dass seine Doktorarbeit von unterschiedlichen Helfern geschrieben werden musste. Seit 1968 war er zudem auf einen Rollstuhl angewiesen.

Legendäre Computerstimme

Bei einem Cern-Besuch 1985 zog sich Hawking eine für ihn lebensbedrohliche Lungenentzündung zu. Es kam zu Atemnot und einer Operation, bei der er seine Sprechfähigkeit verlor. Die Computerstimme seines Sprachcomputers, den er zunächst noch mit seinen Fingern und, als diese zu schwach waren, mit seinen Wangenmuskeln betätigte, wurde in kurzer Zeit legendär. Das Ausmaß, in dem er auf technische Hilfsmittel angewiesen war und sie in außergewöhnlicher Weise nützte, machte ihn gewissermaßen zum Cyborg.

Nicht nur die Technik, vor allem sein Umfeld unterstützte ihn dabei, dass er von seiner schweren Krankheit nicht vollkommen überwältigt wurde. Die Ehe mit Jane Wilde steht im Zentrum des Biopics "Die Entdeckung der Unendlichkeit". Für den Oscar, den der Hauptdarsteller Eddie Redmayne für seine Darstellung Hawkings erhielt, lobte dieser ihn auf seiner Facebook-Seite: "Congratulations to Eddie Redmayne for winning an Oscar for playing me in 'The Theory of Everything' movie. Well done Eddie, I'm very proud of you. – SH."

Hawkings Mutter über Wilde: "Richtige Frau zur richtigen Zeit"

Wilde ließ sich von der vernichtenden Diagnose nicht abschrecken. Die Verlobung mit ihr soll einen regelrechten Arbeitsschub bei Hawking ausgelöst haben. "Sie war die richtige Frau zur richtigen Zeit", sagte Hawkings Mutter über Wilde. 1965 heirateten die beiden, das Paar bekam drei Kinder. Nach der Scheidung 1990 lebte Hawking mit seiner Pflegerin Elaine Mason zusammen. Mit seiner ersten Frau blieb er freundschaftlich verbunden.

Nicht nur physikalische Theorien über Anfang und Ende des Universums beschäftigten den außergewöhnlichen Denker, sondern auch metaphysische Fragen der menschlichen Existenz. Seine Antworten darauf waren oft recht physikalisch geprägt, etwa war er davon überzeugt, dass das "Universum sich nach den Gesetzen der Wissenschaft verhält", und glaubte daran, dass es keinen Himmel und kein Leben nach dem Tod gebe. 2011 bekannte er im US-amerikanischen Discovery Channel: "Wir sind alle frei zu glauben, woran wir glauben wollen, und meiner Ansicht nach ist die einfachste Erklärung, dass es keinen Gott gibt. Es gibt wahrscheinlich keinen Himmel und kein Leben nach dem Tod. Wir haben dieses eine Leben, um die großartige Beschaffenheit des Universums zu bewundern – und dafür bin ich sehr dankbar." (Tanja Traxler, 14.3.2018)