Zu spät kommen, Jammern, eine schlechte Vorbereitung: Was Recruitern gar nicht passt (zum Vergrößeren klicken).

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Auch Nervosität nervt laut der Umfrage des US-Portals Simply Hired die Personaler, vor allem die älteren. Also: Zitternde Knie ruhig halten.

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Algorithmisch objektiviert und sogar mit anonymisierten Bewerbungsunterlagen durch stereotypisierte Recruitingprozesse gekommen? Gut. Allerdings sitzen im Jobinterview letztlich Menschen Menschen gegenüber, die beurteilen. Wie stark Zuschreibungen, Einstellungen, Vorurteile und Weltbilder da wirken, macht eine aktuelle Umfrage des US-Portals Simply Hired (auf CNBC) unter 850 Recruitern sichtbar.

Auch wenn nicht alles 1:1 auf Europa übertragbar ist, zeigt sich: Zu wissen, wer einem im Einstellungsgespräch gegenübersitzt und nach welchen Codes diese Person tickt, ist erfolgsentscheidend. Alter und Geschlecht spielen dabei eine tragende Rolle. Recherche und Vorbereitung auf die jeweilige (ungeschriebene) Kultur im Unternehmen und ihre Vertreter im Erstgespräch sind also dringend anzuraten.

Je älter die Recruiter, desto allergischer sind sie etwa auf Zuspätkommen. Wenig überraschend, aber erneut belegt: Je älter die Interviewer, desto negativer bewerten sie Tattoos, Piercings oder "unnatürliche" Haarfarben.

Nervosität nervt

Ebenso wiegt bei Älteren schlechte Grammatik der Kandidaten schwerer, sie können Jammern gar nicht haben und lehnenmitgebrachte Gimmicks (kleine Aufmerksamkeiten oder Selbstgebackenes) deutlich stärker ab. Intoleranter sind die Älteren auch hinsichtlich Nervosität der Kandidaten – das nervt sie deutlich mehr als die jungen Recruiter.

In dieser Umfrage sieht es so aus, als wäre die ganze Sache mit männlichen Interviewern etwas einfacher. Frauen bewerten fast alle Faktoren, die grundsätzlich als negativ bewertet werden, als noch schlechter, sind irgendwie pingeliger beim fehlenden Augenkontakt, beim falschen Dresscode, beim Schlechtreden über frühere Arbeitgeber. Dafür sind sie toleranter bei Äußerlichkeiten wie gefärbten Haaren oder Piercings.

Unbewusste Vorurteile

Unconscious Bias wird das genannt, wenn unbewusste Vorurteile aktiviert und innere Schubladen geöffnet werden. Damit sind Erwartungen an Mitglieder einer Kategorie von Menschen aufgebaut, die auf Wissen, eigenen Erfahrungen und der Sozialisierung basieren.

Und eben auch auf den "Werten" der Organisation. Sie können sowohl negativ als auch positiv sein. Es sind oft sehr vereinfachte Bilder von sozialen Gruppen – und Annahmen, was diese tun und können oder wie sie sich benehmen: "Frauen sind einfühlsam", "Männer sind gute Techniker", "Schwule sind kreativ" und "Topmanager sind großgewachsen".

Letzteres Vorurteil wirkt hartnäckig: 60 Prozent der männlichen CEOs in den USA sind Forschungen zufolge größer als 183 Zentimeter, obwohl nur weniger als 15 Prozent der US-Amerikaner dieser Größe entsprechen. Natürlich wurden sie nicht bewusst nach ihrer Größe ausgewählt – die Präferenz erfolgt zum Teil unbewusst und entlang der traditionellen Rollenklischees von erfolgreichen Topmanagern. Diese Klischees schließen übrigens auch aus, dass die Karrieren durch Karenzen unterbrochen werden.

Mehr Gage für "Schönheit"

"Beauty Premium" heißt das ebenfalls gut beforschte und belegte Phänomen, wonach schöne Menschen eher Karriere machen und mehr verdienen. Schöne Menschen werden als leistungsstärker eingestuft – unabhängig von ihrer tatsächlichen Leistung. Sie treten meist selbstsicherer und sozial kompetenter auf und setzen so höhere Bezahlung leichter durch. Es sind zwischen fünf und fünfzehn Prozent mehr Gage für "Schönheit".

Schönheit liegt dabei nicht im Auge des Betrachters (Recruiter, Personalchefs), sondern ist je nach kultureller Übereinkunft messbar, objektivierbar. (Karin Bauer, 17.3.2018)