Netzwerken war an der Côte d'Azur wieder angesagt – zumindest bis Mittwoch spielte auch das Wetter mit.

Foto: S. d'Halloy / Image & Co.

Anfang März ist die Côte d'Azur noch im Winterschlaf. Manche Hotels haben geschlossen, viele der Boote, die im Sommer die Küste entlangschippern, sind noch eingewintert. Aber wenn die Immobilienmesse Mipim in Cannes über die Bühne geht, dann ist es mit der Ruhe vorerst vorbei.

Dann sind die Cafés an der Croisette für wenige Tage mit Anzugträgern prall gefüllt, selbst der Bouleplatz beim Alten Hafen wird zum Netzwerken genutzt.

Und während sich draußen an der Croisette die Autokolonnen im Schritttempo vorbeischieben und an der Promenade die Yacht manches Immobilienunternehmens vor Anker geht, wird im Inneren des Palais des Festivals immer lauter über Nachhaltigkeit gesprochen – etwa was Architektur und Stadtplanung betrifft.

Die Green Planet Architects – ein Netzwerk von Architekten, die sich der Nachhaltigkeit verschrieben haben – waren heuer bereits zum dritten Mal mit dabei. Nun bemerke man aber ein wachsendes Interesse, berichtete Arlin A. Morales Lemus, Vizepräsidentin der Plattform, die mehr als 400 Mitglieder in 80 Ländern hat.

Qualität der Gebäude

Ihre Überlegungen: "Die meisten Menschen verbringen 90 Prozent ihrer Zeit im Inneren von Gebäuden. Wir sollten uns also wirklich über die Qualität des Gebäudeinneren Gedanken machen."

Auch wenn Nachhaltigkeit bei neuen Gebäuden heute vielerorts verlangt wird, bleibe es oft bei der "grünen Fasade", kritisierte Roy E. Den Hoed, Präsident der Green Planet Architects. Dabei müsse Nachhaltigkeit schon bei der Planung anfangen: "Es geht zum Beispiel darum, sich zu überlegen, wie möglichst viele Bereiche des Gebäudes vom Tageslicht profitieren können", erklärte Architektin Morales Lemus.

Auch die das Gebäude umgebende Vegetation, Schatten, Wind und Regenwasser müssten in die Planung einfließen. "All das sind Ressourcen, die genutzt werden können – und die gratis sind", betonte Den Hoed.

Nachhaltiger Bereich

Der Weg ist aber noch ein weiter – obwohl die Messeveranstalter Nachhaltigkeit zum heurigen "Topthema" erkoren haben. "Es ist eine Schande, dass nachhaltige Ideen auf der Mipim nicht sichtbarer sind. Da hinkt man wirklich dem Trend hinterher", so Den Hoed. Er wünscht sich für 2019, dass entsprechende Konzepte und Firmen einen eigenen Bereich in der Messehalle bekommen und so auf einen Blick sichtbar sind.

Kandidaten für diesen Bereich gäbe es bei näherem Hinschauen genug: Das niederländische Start-up Physee etwa, das bei der vor einer Live-Jury stattfindenden "Startup-Competition" (bei der mit PlanRadar auch ein österreichisches Proptech am Start war) den dritten Platz belegte. Physee verkauft Fenster, die Licht in Elektrizität verwandeln – und bei Bestandsobjekten die Energieeffizienz um 20 Prozent steigern können. Auch das Projekt Dalston Lane, das in London entstehende weltgrößte Gebäude aus Brettsperrholz, würde dazupassen.

Noch immer gute Stimmung

Was die Immobilienbranche sonst beschäftigt: Core-Immobilien sind weiter knapp, nicht ganz alltägliche Immobilien wie Rechenzentren rücken in den Fokus von Investoren. In dem Bereich gebe es mittlerweile spezielle Anbieter, erklärte Jan Bärthel, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Wüest Partner dem STANDARD. "Gefährlich wird es aber, wenn jemand auf eine Nische ausweicht, in der er sich nicht auskennt."

Ganz allgemein wird die Stimmung aber als eher ungefährlich bewertet: "Alle tanzen noch Walzer", sagte Martin Sabelko, Geschäftsführer des Österreich-Standorts der Warburg-HIH Invest. "Manche tanzen aber schon ein bisschen näher beim Ausgang." Nachsatz: "Wobei die Tür noch gar nicht offen steht."

Zweifel am Sinn der Messe

Auch wenn es heuer ein bisschen ruhiger schien als in den letzten Jahren. Das mag zum Teil dem frühlingshaften Wetter geschuldet sein. Immer öfter werde aber auch überlegt, ob sich ein Messebesuch noch auszahlt, berichteten manche.

Allerdings lässt es sich in der Frühlingssonne von Cannes vortrefflich netzwerken. Auch wenn viele Treffen im Voraus geplant sind – auch spontane Begegnungen haben schon zu Deals geführt. Und darum geht es ja.

Nun ist der Immobilienzirkus wieder weitergezogen. Und Cannes darf durchatmen, bevor die Sommergäste kommen. (Franziska Zoidl aus Cannes, 16.3.2018)