Frau K. wohnt seit einigen Jahren mit ihrem Mann im Ausland, hat aber noch eine kleine Eigentumswohnung in ihrer Tiroler Heimatgemeinde, die sie vor allem für Familienbesuche und Urlaube nutzt und gelegentlich ihren Freunden zur Verfügung stellt. Um die Wohnung in benutzbarem Zustand zu erhalten, lässt Frau K. gelegentlich Instandhaltungsarbeiten vornehmen. Damit auch ohne ihre Anwesenheit in der Wohnung gearbeitet werden kann, hatte sie bei einer Nachbarin einen Zweitschlüssel für die Wohnung hinterlegt. Zuletzt plante Frau K. eine Renovierung des Badezimmers und beauftragte einen Installateur aus dem Nachbarort mit der Erstellung eines Kostenvoranschlags für die von ihr gewünschten Arbeiten. Vereinbart wurde, dass Frau K. dem Unternehmen den dafür nötigen Aufwand bezahlt.

Das Unternehmen entsandte einen Mitarbeiter in die Wohnung von Frau K., um sich umzusehen und die Gegebenheiten zu erfassen, damit ein entsprechend kalkulierter Kostenvoranschlag erstellt werden kann. Offenbar war es jedoch bei der internen Kommunikation des Unternehmens zu einem Missverständnis gekommen, denn der Mitarbeiter vor Ort sah sich nicht nur dort um, sondern begann auch gleich mit ersten Stemmarbeiten im Badezimmer und legte einige Rohre frei.

Wenig später erhielt Frau K. den gewünschten Kostenvoranschlag per E-Mail zugesandt. Für dessen Erstellung und die erfolgten Stemmarbeiten sollte sie nun insgesamt circa 260 Euro zahlen. Da die Stemmarbeiten nach Ansicht von Frau K. aber weder ausdrücklich von ihr beauftragt worden waren, noch zur Erstellung des Kostenvoranschlags notwendig erschienen, beanstandete sie die Rechnung beim Unternehmen und weigerte sich, diese zu bezahlen. Das Unternehmen verwies hingegen darauf, dass man belegbar Arbeiten ausgeführt habe und für diese natürlich auch entlohnt werden möchte.

Bei größeren Projekten ist die Einholung von Kostenvoranschlägen sinnvoll.
Foto: istockphoto.com/at/portfolio/gregorbister

Die Schlichtung mit Frau K. und dem Installateur

Da Frau K. selbst mit dem Unternehmen keine zufriedenstellende Lösung finden konnte, wandte sie sich an die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte. Diese vermittelte zwischen den Parteien und erreichte schlussendlich, dass das Unternehmen auf 75 Prozent des Rechnungsbetrags verzichtete, da man auf Seiten des Unternehmens einsah, dass die Stemmarbeiten in der Tat weder bestellt noch für die Erstellung des Kostenvoranschlags notwendig waren. Somit musste Frau K. nur circa 65 Euro für den Kostenvoranschlag bezahlen, was sie für einen angemessenen Preis hielt. Da die aufgestemmte Wand im Zuge der anstehenden Renovierung ohnehin neu verfliest worden wäre, hielt sich auch der dadurch entstandene Schaden in Grenzen. Frau K. stimmte der Preisminderung zu, sodass das Schlichtungsverfahren erfolgreich abgeschlossen werden konnte.

Quick Facts – Kostenvoranschläge

  • Generell ist es sinnvoll, vor größeren (Bau-)Projekten einen, oder – noch besser – mehrere Kostenvoranschläge von qualifizierten Unternehmen einzuholen, um sich über die zu erwartenden Kosten bereits vorab ein Bild machen und gegebenenfalls die Preise vergleichen zu können.
  • Für Verbraucher sind Kostenvoranschläge grundsätzlich kostenlos, außer man wird – wie im geschilderten Fall – vorab ausdrücklich auf eine Zahlungspflicht hingewiesen.
  • Außerdem sind Kostenvoranschläge bei Verbrauchergeschäften im Regelfall verbindlich, die veranschlagten Kosten dürfen also – auch bei einem unvorhergesehenen Mehraufwand des Unternehmens – nicht einfach überschritten werden. Allerdings gilt auch hier die Ausnahme, dass bei einem rechtzeitigen und ausdrücklichen Hinweis keine Richtigkeitsgewähr für den Kostenvoranschlag besteht.
  • Dennoch darf auch in solchen Fällen ohne Zustimmung des Auftraggebers die veranschlagte Summe geringfügig – maximal circa 15 Prozent – überschritten werden.

Was tun, wenn Probleme beim Kostenvoranschlag auftauchen?

Als erstes sollten Sie versuchen, mit dem Ersteller des Kostenvoranschlags – also zum Beispiel dem Handwerksunternehmen – selbst eine für Sie annehmbare Lösung zu finden. Wenn das nicht gelingt und das Unternehmen, mit dem das Problem besteht, eine Niederlassung in Österreich hat, können Sie sich unter anderem an die Schlichtung für Verbrauchergeschäfte wenden. (Joachim Leitner, 4.4.2018)

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Weitere Informationen zur Schlichtung für Verbrauchergeschäfte und das Online-Formular zur Einbringung von Schlichtungsanträgen finden Sie auf verbraucherschlichtung.at

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