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Stephen Hawkings letzte, noch unveröffentlichte Arbeit handelt vom Ende des Universums und von der Entdeckung anderer Universen.

reuters/francois lenoir

London – Wenn die ganz Großen von uns gehen, hinterlassen sie oftmals noch Überraschungen für die Nachwelt: Als Popstar Prince überraschend starb, hatte er jede Menge unveröffentlichte Songs auf seinen Festplatten gespeichert, Vincent van Gogh hinterließ hunderte Gemälde, die kaum jemand gesehen hatte. Und zum Vermächtnis des Physikers Stephen Hawking, der vergangene Woche im Alter von 76 Jahren gestorben ist, zählt noch Unveröffentlichtes.

Thomas Hertog, Professor für Theoretische Physik an der Universität Leuven in Belgien, gab am Montag jedenfalls bekannt, dass eine Arbeit, die er zusammen mit Hawking verfasst hatte, gerade von einer Fachzeitschrift begutachtet werde. Die Nachricht von der Existenz dieses Fachbeitrags, der den Titel "A Smooth Exit of Eternal Inflations" trägt und auf der Pre-Print-Plattform "Arxiv" vorveröffentlicht wurde, erreichte die britischen Medien am gleichen Tag, an dem bekannt wurde, dass die Westminster Abbey – Begräbnisort der wichtigsten Persönlichkeiten in Englands Geschichte – angeboten hat, eine Gedenkzeremonie für den Wissenschafter abzuhalten.

Beweise für das Multiversum

1983 veröffentlichte Hawking eine Arbeit, die beschrieb, wie das Universum durch einen Urknall – also eine Singularität – entstanden sein dürfte. Seine Theorie ging außerdem davon aus, dass der Urknall von einer unendlichen Anzahl anderer Big Bangs begleitet wurde, die jeweils ein eigenes Universum begründeten. Die neue Abhandlung soll nun die Möglichkeit aufzeigen, mit der die Existenz solcher anderer Universen, die Hawking kollektiv Multiversum nannte, beobachtbar wird, weil das Mulitversum endlich sei. (Ähnliche Überlegungen zur Erkennbarkeit anderer Universen in der Hintergrundstrahlung des unsrigen hat auch schon Roger Penrose aufgestellt, der mit Hawking mehrfach zusammengearbeitet hat, unter anderem bei diesem Vortrag 2012 in Wien.)

Hertog, der sich vor zwei Wochen das letzte Mal mit Hawking getroffen hatte, um die Endredaktion des Textes vorzunehmen, sagte der britischen Zeitung "The Times": "Das war typisch Stephen: mutig dorthin zu gehen, wo 'Star Trek' aus Angst nicht hintritt." Die neue Theorie sagt auch voraus, dass unser Universum eines Tages in ewiger Dunkelheit versinken wird, da all seinen Sternen die Energie ausgeht. Hawking zeigt sich damit als Anhänger des "Big Chill" als Ende unseres Universums.

Hinweise in der Hintergrundstrahlung

Carlos Frenk, Kosmologe an der Universität Durham, sagte der "Sunday Times": "Die faszinierende Idee in Hawkings Arbeit ist, dass [das Multiversum] die Hintergrundstrahlung prägt, die unser Universum durchdringt, und wir es mit einem Detektor auf einem Raumschiff messen können." Diese Ideen würden laut Frenk die atemberaubende Möglichkeit eröffnen, Beweise für die Existenz anderer Universen zu finden, was unser Wissen über unseren Platz im Kosmos grundlegend verändern würde.

Hawkings Beerdigung soll diesen Monat in Cambridge stattfinden, 500 Trauergäste werden erwartet. Zu den eingeladenen Personen gehören Wissenschafter wie Tim Berners-Lee, der das World Wide Web erfand, und der populäre britische Physiker und TV-Wissenschaftsvermittler Brian Cox, aber auch die Hollywood-Stars Eddie Redmayne und Felicity Jones, die Hawking und dessen erste Frau Jane in dem Film "Die Entdeckung der Unendlichkeit" aus dem Jahr 2014 verkörperten. (tasch, 19.3.2018)