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Die rhetorischen Ausschweifungen Ankaras werden nicht zu einem Bruch der Beziehungen mit den USA führen.

Foto: ap/Burhan Ozbilici

In der Außenpolitik hatte Washington stets keine Skrupel, mit einem starken autoritären oder faschistischem Nationalstaat zu kooperieren. Dies allerdings nur, solange die gemeinsamen geopolitischen Interessen überwogen. Verhärteten sich die Fronten, verschlechterte sich das politische Verhältnis, oft begleitet mit Sanktionen gegen die ehemaligen nichtdemokratischen Bündnispartner oder dem Ende der Kooperation. Um das Verhältnis zwischen der USA und der Türkei ist es derzeit nicht gut bestellt, gleichzeitig ist festzustellen, dass die beiden Staaten nicht voneinander lassen werden. Dies, obwohl Präsident Tayyip Erdoğan die Türkei in den letzten Jahren Schritt für Schritt in einen autoritären Staat umgewandelt hat und gezielt gegen die Interessen Washingtons handelt. Trotz dieser Entwicklungen wird sich Washington hüten, seinen langjährigen Bündnispartner die Zusammenarbeit zu kündigen.

Die Verhaftung von Mitgliedern des US-State Departments in der Türkei sorgte im Weißen Haus für großes Unverständnis. Die Inhaftierung und Verurteilung des amerikanischen Pastors Andrew Brunson wurde in den Vereinigten Staaten heftig kritisiert. Auch die türkischen Ambitionen, die USA zur Auslieferung des von Ankara für den gescheiterten Putsch verantwortlich gemachten Predigers Feytullah Gülen zu bewegen, ließ Washington ratlos zurück. Völlig unverständlich und nur schwer zu akzeptieren war für die USA aber vor allem die fehlende Unterstützung der Türkei im Kampf gegen den IS.

Kritik an USA

Immer wieder äußerten sich Präsident Erdoğan und seine Mitstreiter kritisch über die USA. Ziel Washington sei es, die Türkei zu zerstören. Barack Obamas und Donald Trumps Unterstützung der YPG seien unmissverständliche Signale. Mit Hilfe von kurdischen Terrororganisationen solle die Türkei ausgelöscht werden. Auch europäische Staaten wären an diesem Komplott beteiligt. Vor dem historischen Treffen zwischen Sigmar Gabriel und Mevlüt Cavuşoğlu war der politische Ton gegenüber Berlin vom selben Charakter. Manche Politiker in Ankara gingen soweit zu behaupten, dass türkische Staatsbürger außerhalb der Türkei nicht in Sicherheit leben könnten.

Keine Reaktion

So sehr auch die außenpolitischen Entwicklungen ein Auseinanderdriften zwischen Ankara und Washington suggerieren, die Realität sieht anders aus. Vor allem das türkische Vorgehen in Afrin und das Stillschweigen Europas sowie Amerikas zeigen deutlich, dass völkerrechtwidrige Handlungen des Bündnispartners am Bosporus aufgrund von geostrategischen Interessen toleriert werden. Auch Aussagen Erdoğans, wie zum Beispiel, dass türkische Truppen nicht zögern werden, amerikanische Stellungen ins Visier zu nehmen, sofern diese sich nicht von kurdischen Terroreinheiten distanzieren, forderte Washington keine Reaktion ab. Letzteres lässt vermuten, dass die USA – trotz der zahlreichen Herausforderungen – die Allianz mit der Türkei aufrechthalten und sich auf keine Experimente mit Kurden aus der Region einlassen wollen. Deswegen werden auch die rhetorischen Ausschweifungen Ankaras nicht zu einem Bruch der Beziehungen führen und es ist sehr wahrscheinlich mit weiteren völkerrechtswidrigen Unternehmungen Ankaras zu rechnen. (Hüseyin I. Çiçek, 27.3.2018)