Was ich tue, im Netz sehe, suche, ja wo ich mich bewege und aufhalte, es wird alles, alles erfasst, gespeichert und weiterverarbeitet.

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Über Facebook wurden und werden offenbar weltweit Wahlen und Abstimmungen beeinflusst, um nicht zu sagen: manipuliert. Und wie viele andere frage ich mich, ob es nicht ein kapitaler Fehler war, Facebook so groß werden zu lassen, aber auch, ob es andererseits nicht ein riesiger Fehler wäre, Facebook jetzt den Rechten zu überlassen. Denn das wäre die Konsequenz eines Rückzugs jener wenigen, die überhaupt noch lesen, was Facebook mit ihren Daten alles so anstellt.

Was tun? Es scheint jedenfalls herzlich egal zu sein, wie ich auf Facebook meine "Privateinstellungen" gestalte: Was ich tue, im Netz sehe, suche, ja wo ich mich bewege und aufhalte, es wird alles, alles erfasst, gespeichert und weiterverarbeitet. Ich habe offenbar nur die Wahl, mich völlig auszuklinken – und müsste selbst dann technische Hilfe in Anspruch nehmen, um nicht immer weiter und weiter getrackt zu werden –, oder in Kauf zu nehmen, dass drei, vier Weltkonzerne so gut wie alles über mich wissen – und dass sie es weitergeben.

Maßgeschneiderte News und Fakes

Dass diese rohen oder auch schon verarbeiteten Daten in ungeheurem Ausmaß weiterverkauft werden, dass das wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells von Google, Facebook und Co ist, habe ich in den vergangenen Tagen so deutlich wie selten zuvor vor Augen geführt bekommen. Dass mit dem so ermöglichten "micro-targeting", dem Bespielen von ausgewählten Klein- und Kleinstgruppen mit exakt auf sie hingeschneiderten News und Fakes, ganze Wahlen beeinflusst, wenn nicht regelrecht manipuliert werden (die Grenzen sind wohl fließend), das erschreckt. Wenn auch offenbar nur sehr wenige.

Was alle diese Informationen über mich in den Händen einer rechten Regierung, eines hart-rechten Innenministers bedeuten, will ich mir gar nicht ausmalen. Sollte es aber, weil es immer unwahrscheinlicher wird, dass Leute wie Herbert Kickl nicht alles daransetzen, an ebendiese Daten zu gelangen. Noch gelingt mir die Illusion, sie könnten damit eh nichts anfangen.

Die Auflösung des Privaten

Die ganze Chose wird nicht besser, wenn ich mir vor Augen halte, dass es längst nicht nur um mich als Privatperson geht. Wobei: Was heißt hier schon Privatperson? Wir stehen vor der völligen Auflösung des Privaten, damit aber auch vor einer Auflösung unseres Begriffs der demokratischen Öffentlichkeit – weil die nämlich eine Sphäre voraussetzt, in die eben niemand einsehen kann. Und diese Sphäre ist Vergangenheit.

Was das alles politisch heißt? Aussteigen wird verdammt schwer. Aussteigen hieße nicht nur, Social Media den Rechten zu überlassen, sondern auch: neue Hardware. Neue Telefonnummer. Völlig neue Gewohnheiten am Rande der – augenscheinlich ja mehr als berechtigten – Paranoia. Oder Augen zu und durch, was soll's, finde ich mich halt ab damit, dass es keine Privatsphäre, keine demokratische Öffentlichkeit, daher eigentlich keine Demokratie mehr gibt, wie ich sie gelernt habe. Ob Katzenvideos, Werbung oder (politische) Kommunikation – es ist ein verdammt hoher Preis. (Georg Bürstmayr, 30.3.2018)