Andrés Orozco-Estrada, geboren 1977 in Kolumbien, wird 2021 Chefdirigent der Wiener Symphoniker.

Foto: MARTIN SIGMUND

Wien – "Es nähert sich der Moment, an dem ich in ein paar Jahren entscheiden werde, weniger hin und her zu reisen. Das Ziel wäre, nur eine Chefposition innezuhaben", hatte Andrés Orozco-Estrada noch vor zwei Wochen im APA-Interview gemeint. Nun hat sich dieser Zeitpunkt präzisiert: Mit der Saison 2021/2022 wird der umtriebige Tausendsassa des Konzertbetriebes Chefdirigent der Wiener Symphoniker.

Die ZiB um 13 Uhr stellt Andrés Orozco-Estrada vor.
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Der gebürtige Kolumbianer, der schon seit langer Zeit Wien seine Heimat nennt, folgt damit dem seit 2014 amtierenden Philippe Jordan nach, der mit 2020 als neuer Musikdirektor an die Wiener Staatsoper wechselt. "Es ist mir ein Anliegen, eine noch engere Verbindung zum Wiener Publikum aufzubauen, unsere Musik möglichst vielen Menschen nahezubringen und gleichzeitig die internationale Ausstrahlung der Wiener Symphoniker zu fördern", wird der 40-jährige Maestro in einer Aussendung zitiert: "Dieses hervorragende Orchester meiner musikalischen Heimatstadt zu leiten, ist für mich eine großartige Motivation für die zukünftige Zusammenarbeit, in welche ich meine ganze Energie investieren werde."

Zusammenarbeit mit Vergangenheit

Orozco-Estrada wird der 16. Chefdirigent der Symphoniker, wobei sein Vertrag zunächst auf fünf Jahre angelegt ist. Dabei kann der neue Kapellmeister schon auf einige Erfahrung mit den Symphonikern zurückblicken, debütierte er doch 2006 am Pult des Orchesters, das er bis dato acht Mal leitete. In der kommenden Saison kommen vier weitere Auftritte hinzu, darunter bei den Konzerten zum Jahreswechsel mit Beethovens 9. Symphonie im Wiener Konzerthaus.

Orozco-Estrada sei einer der international führenden Dirigenten seiner Generation, begründete Symphoniker-Intendant Johannes Neubert die Wahl: "Ganz besonders verbindet uns mit ihm der Ansatz, die Wiener Klangkultur frisch und aufgeschlossen weiter zu entwickeln." Orchestervorstand Thomas Schindl bezeichnete den designierten Chef "als einen der spannendsten, vielseitigsten und inspirierendsten Dirigenten unserer Zeit".

Demokratischer Führungsstil

Dazu gehört auch ein demokratischerer Führungsstil, als ihn viele Maestri der vorigen Generation gepflegt haben, wie Orozco-Estrada jüngst im Interview versicherte: "Man musiziert heutzutage viel mehr als zuvor. Dadurch ergibt sich eine andere Verbindung zwischen Dirigent und Orchester – quasi eine Demokratie. Das hat auch mit dem Geist des Zeitalters zu tun. Wir wollen als Gruppe etwas gemeinsam schaffen."

Geboren wurde Andres Orozco-Estrada am 14. Dezember 1977 im kolumbianischen Medellin. 1997 kam er zum Studium nach Wien, nach seinem Abschluss sammelte der junge Dirigent schnell Erfahrung mit der Führung großer Orchester und stand von 2005 bis 2009 dem Grazer recreation vor, bevor er 2009 den Posten des Chefdirigenten beim Tonkünstlerorchester Niederösterreich antrat.

Frankfurt, Houston, Wien

Der internationale Karrieresprung erfolgte dann 2014, als der damals 37-Jährige Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters in Frankfurt und des Houston Symphony Orchestra wurde. Mit dem texanischen Klangkörper absolvierte er vor kurzem die erste Europatournee, die ihn auch nach Wien führte.

Dies bleibt allerdings nicht der einzige heimische Auftritt des Vielarbeiters Orozco-Estrada. Der nächste Einsatz steht am 1. April im Rahmen der Osterfestspiele Salzburg mit der Staatskapelle Dresden an, bevor er mit den Wiener Philharmonikern am 7. und 9. April im Musikverein spielen wird. Mit dem Concentus Musicus ist Orozco-Estrada am 7. und 8. Juli im Rahmen der styriarte in Stainz, am 23. Juli mit den Wiener Symphonikern bei den Bregenzer Festspielen und am 28. und 29. Juli mit dem Mozarteum Orchester bei den Salzburger Festspielen zu hören. (APA, 29.3.2018)