Bei Patienten, die sechs oder mehr verschiedene Medikamente einnehmen müssen, erhöht sich das Risiko für einen Spitalsaufenthalt enorm – nicht zuletzt durch die möglichen Neben- und Wechselwirkungen.

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Wien – Mehr verfügbare Informationen führen nicht automatisch zu mehr Wissen – davon sind die Österreichische Apothekerkammer, der Österreichische Apothekerverband, der Verband Angestellter Apotheker Österreichs und Forum Pharmazie überzeugt. Deshalb starten die vier Interessensvertretungen eine Informationskampagne mit dem Ziel, die Gesundheits- und Arzneimittelkompetenz der Bevölkerung zu verbessern. Vier Themen stehen im Fokus, hieß es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

So wollen die Apotheker auf Risiken gefälschter Medikamente aus dem Internet aufmerksam machen, in denen sogar Straßenstaub und Hundekot enthalten sein kann, wie Jürgen Rehak, der Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes sagte. 95 Prozent der von den Behörden aufgegriffenen Medikamente aus dem Internet seien Fälschungen oder Substandard. In Österreich sind rezeptpflichtige Arzneimittel aus dem Internet überhaupt illegal.

Aspirin wirke nachts nicht

Zweites Schwerpunktthema sind Risiken durch Polymedikation, die überwiegend ältere Menschen betrifft, die Mittel gegen mehrere Erkrankungen nehmen. So steigt ab sechs verschiedenen Medikamenten das Risiko für einen Spitalsaufenthalt rasant an. Eine Verbesserung erwarten die Apotheker durch die E-Medikation, die derzeit österreichweit ausgerollt wird.

Die falsche Einnahme, insbesondere die fehlerhafte Dosierung, von Arzneimitteln und auch Nahrungsergänzungsmitteln kann ernsthafte Folgen haben. Die möglichen Neben- und Wechselwirkungen werden häufig unterschätzt – besonders bei Kindern, warnte Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer. Was viele nicht wissen: bereits das vermeintlich harmlose Schlucken von Aspirin kann für ein Kleinkind lebensbedrohlich werden. Dass das Wissen der Kunden äußerst lückenhaft sein kann, verdeutlichte Rehak am Beispiel einer Frau, die ihm erklärte, Aspirin gegen Kopfschmerz wirke nachts nicht.

Was die Gesundheitskompetenz, auch Helath Literacy genannt, in den OECD-Ländern betrifft, liegt Österreich auf dem drittletzten Platz – vor Rumänien und Portugal. Die Kinder und Jugendliche bilden im OECD-Vergleich sogar das Schlusslicht.

Infokampagne startet

In den Fokus stellen werden die – rund 1.400 – Apotheken auch die von ihnen geleistete Versorgungssicherheit. Jeder Betrieb hat im Durchschnitt 49 Stunden pro Woche geöffnet, Betriebsurlaube sind per Gesetz verboten. Bereitschaftsdienste in der Nacht kosten pro Jahr 33 Millionen Euro und werden von der Apotheken fast zur Gänze selbst finanziert.

Die Apotheker wollen durch die Info-Kampagne auch ihre Leistungen und ihre Kompetenz sichtbar machen, die nach ihrer eigenen Einschätzung häufig als selbstverständlich hingenommen werden. Die Kampagne, an der sich auch der Verband Angestellter Apotheker und das Forum Pharmazie beteiligen, beginnt am kommenden Montag, den 9. April. Informiert wird in Print-Anzeigen, TV-Spots und Online. Zusätzlich wird es eine Website geben. (APA, red, 5.4.2018)