Jens Spahn (rechts) setzt Kanzlerin Angela Merkel vor der Regierungsklausur unter Druck.

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Die Osterferien dauern in Deutschland immer ein bisschen länger als in Österreich. Aber diese Woche sind sie endgültig vorbei, der Alltag ist eingekehrt – auch in der neuen Regierung. Sie beginnt nun ihre Arbeit, und weil einige, wie Familienministerin Franziska Giffey und Umweltministerin Svenja Schulz (beide SPD), neu im Kabinett sind, sollte man sich zunächst ein wenig besser kennenlernen, dachte sich Kanzlerin Angela Merkel und lud für Dienstag und Mittwoch ins Barockschloss Meseberg nördlich von Berlin zur ersten Klausur.

An Themen wird es dort nicht mangeln, hat die Kanzlerin doch auch externe Gäste dazu gebeten: Nato-Chef Jens Stoltenberg ebenso wie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Man darf dies durchaus als Signal verstehen, dass Deutschland sich nach den ungewöhnlich langen Koalitionsverhandlungen wieder auf der internationalen Bühne zurückmelden will.

Vielleicht trägt der Besuch aus dem Ausland auch dazu bei, dass sich die Kabinettsmitglieder gesittet benehmen. Diesbezüglich darf Merkel besorgt sein, denn in der jungen Koalition gärt es bereits.

Zu eifrig mit Interviews

Sauer ist SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles, und zwar auf den neuen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den neuen Innenminister Horst Seehofer (CSU). Beiden gehe es "viel zu sehr um Eigenprofilierung", vor allem Spahn würde "in oberschlauen Interviews die innenpolitischen Zustände in Deutschland" schlechtreden.

Tatsächlich ist Spahn, der Wortführer der Konservativen in der CDU, bisher weniger mit Vorschlägen zur Gesundheitspolitik aufgefallen, sondern mit dem Ruf nach mehr "Recht und Ordnung" und dem Hinweis, dass Sozialhilfeempfänger in Deutschland nicht in Armut leben müssten. Auch für eine massive Aufstockung des EU-Grenzschutzes Frontex macht er sich stark.

Und Seehofer hatte sofort nach Amtsantritt erklärt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Er wies die Kritik von Nahles am Montag zurück und sagte: "Die Sozialdemokraten stehen immer noch neben der Spur. Ich rate ihnen zu mehr Gelassenheit."

Nicht im "Nanny-Staat"

Auch CDU-Vizechefin und Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) sieht nicht, dass Merkel das von Nahles geforderte Machtwort sprechen sollte: "Wir sind ja nicht in einem Nanny-Staat."

Druck bekommt Merkel auch von rund 100 CDU-Mitgliedern, die ein "konservatives Manifest" beschlossen haben und eine Abkehr des Kurses Richtung Mitte fordern. In dem Papier werden ein schnelles und konsequentes Abschieben illegaler Einwanderer und ein Ende der doppelten Staatsbürgerschaft verlangt. Auch die Wiedereinführung der Wehrpflicht solle überprüft werden.

SPD-Vizechef Ralf Stegner sind die konservativen Töne aus der Union nicht unrecht: "Da können wir zeigen, wie wir uns unterscheiden", sagt er. Aktuell sind es vor allem zwei Themen, die in Meseberg auch zur Sprache kommen werden: Sozialhilfe und der Umgang mit Flüchtlingen.

Teile der SPD wollen die staatliche Unterstützung für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger (Hartz IV) 13 Jahre nach der Einführung verändern und drängen außerdem auf mehr Familiennachzug für Flüchtlinge. Werde das Kontingent von 1.000 Personen pro Monat ab August nicht ausgeschöpft, dann solle der Rest im nächsten Monat draufgeschlagen werden. Die CSU lehnt dies jedoch ab. (Birgit Baumann aus Berlin, 10.4.2018)