Leitet ab Sommer das renommierte Metropolitan Museum in New York: Max Hollein.

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STANDARD: Das Metropolitan steckt in einer tiefen Krise. Wie möchten Sie das Museum stabilisieren?

Hollein: Ich würde es nicht als Krise bezeichnen, Museen haben immer wieder mit Budgetkonsolidierungen zu tun. Man darf nicht vergessen, dass das Met 2.200 Mitarbeiter hat, es gibt viele hoch komplexe Abteilungen und mannigfache Aufgaben. Es geht darum, auch in Zukunft die herausragende Stellung des Met herauszustreichen. Das Museum ist der Bannerträger der enzyklopädischen Museumsszene, es steht daher unter besonderer Beobachtung.

STANDARD: Ist ein enzyklopädisches Museum in einer Zeit der Fragmentierung nicht ein Anachronismus?

Hollein: Enzyklopädische Museen sind gegründet worden mit der aufklärerischen Idee, die Kulturen der Welt an einem Ort zu versammeln. Die Idee, die eine, einzig geltende Narration anzubieten, ist obsolet. Es geht darum, Diversität zu zeigen.

STANDARD: Wie könnte diese konkret aussehen?

Hollein: Nehmen wir das Ausstellungsprogramm in San Francisco: Die kommende Ausstellung handelt von zeitgenössischer muslimischer Mode und der Diskussion, die sich darum rankt. Muslime blicken ganz anders auf diese Diskussion als Nichtmuslime. In diesem Sinne wird sicherlich das Programm des Met noch globalere Blickwinkel entwickeln.

STANDARD: Die US-Museumsstruktur ist viel stärker von Sponsoren geprägt als die europäische. Wie sehr schränkt Sie das ein?

Hollein: Ich kenne beide Systeme sehr gut. Ich empfand es immer als Vorteil, wenn die Finanzierung aus vielen verschiedenen Quellen kommt. Je diverser diese sind, desto freier ist man. In Europa denkt man, in den USA gebe es eine große Abhängigkeit von den Förderern. Dabei hängt man gerade in Europa oft vom Willen eines einzelnen Kulturministers ab.

STANDARD: Gerade beim Met spielen die Interessen der Geldgeber und des Beirats eine große Rolle.

Hollein: Jeder, der sich in einem Sammlungsbereich engagiert, tut dies, weil es ihm ein Herzensanliegen ist. Das heißt nicht, dass diese Person automatisch Einfluss nehmen will. Wichtig ist ein facettenreiches Spektrum an Leuten mit unterschiedlichen Interessen. Das Met ist wie kein anderes Museum groß und gut aufgestellt. Es hat das eindrucksvollste Board der Museumsszene.

STANDARD: Welche politische Funktion kommt dem Met in Trumps Amerika zu?

Hollein: Museen sind heute einer der wenigen Orte, wo man einen unpolemischen und tiefgreifenden Dialog führen kann. Ausstellungen werden politisch gelesen. Das sehe ich positiv. Das bedeutet nicht, dass der politische Kontext à priori einen Schwerpunkt in der Ausstellungsgestaltung darstellen wird.

STANDARD: Das Met ist für die New Yorker Society wichtig, Stichwort Met Gala. Tanzen Sie gern?

Hollein: Ich habe mich auch früher nicht auf dem sozialen Parkett zurückgehalten. Es ist schön und wichtig, wenn ein Museum im Mittelpunkt einer Stadtgesellschaft steht. (Stephan Hilpold, 11.4.2018)