Gianluigi Buffon kassierte für seine heftige Kritik an Schiedsrichter Michael Oliver die rote Karte und war auch danach kaum zu bremsen.

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Die Szene, über die die Fußballwelt spricht. Foul oder nicht?

Madrid – Gianluigi Buffon hat nach dem Aus von Juventus Turin im Viertelfinale der Champions League bei Real Madrid den englischen Schiedsrichter Michael Oliver heftig kritisiert. "Dieser Unparteiische hat kein Herz. Stattdessen hat er einen Mistkübel", sagte der italienische Rekordnationalspieler nach dem 3:1 (2:0) in Madrid. Aufgrund des 0:3 im Hinspiel scheiterte Juve knapp.

Oliver hatte Real in der dritten Minute der Nachspielzeit nach einem Zweikampf zwischen Verteidiger Medhi Benatia und Lucas Vazquez einen umstrittenen Foulelfmeter zugesprochen. Nach heftigen Protesten der Turiner, bei denen Buffon die rote Karte sah, verwandelte Cristiano Ronaldo den Strafstoß in der siebenten Minute der Nachspielzeit.

Da der 40 Jahre alte Buffon seine Karriere im Sommer wahrscheinlich beenden wird, könnte es ein unrühmlicher Abgang aus der Königsklasse gewesen sein. Zudem bliebe es dann dabei, dass der Weltmeister von 2006 nie die Champions League gewonnen hat.

"Kein Charakter, kein Mut"

"Wenn du keinen Charakter und keinen Mut hast, dann solltest du das Spiel auf der Tribüne anschauen und mit deiner Frau ein Sprite trinken", sagte Buffon dem italienischen TV-Sender Mediaset Premium über den Schiedsrichter, ohne dessen Entscheidung die Partie in die Verlängerung gegangen wäre.

"Nur der Referee hat ein Foul gesehen. Du musst Fingerspitzengefühl und ein Verständnis für wichtige Momente haben. Wenn du das nicht hast, hast du es nicht verdient, auf dem Platz zu stehen", sagte Buffon dann dem Sender Be-In Sports. "Du kannst das nicht pfeifen."

"Immer dasselbe mit Real"

Ähnlich äußerte sich der frühere Bayern-Profi Benatia. "Du darfst in der 93. Minute niemals so einen Elfmeter pfeifen. Jeder weiß, dass dieses Spiel in die Verlängerung hätte gehen müssen", sagte der Abwehrspieler, der den Verdacht einer Bevorteilung Reals in den Raum stellte: "Im vergangenen Jahr haben sie gegen Bayern München zwei oder drei Abseitstore gemacht, wenn ich mich nicht irre. Es ist immer dasselbe. Real ist so eine große Mannschaft – sie bräuchten keine Extrahilfe."

Ronaldo wies die Vorwürfe zurück. "Ich verstehe auch nicht, warum sie sich so aufregen", sagte der portugiesische Europameister bei Sky. "Für mich war es ein klarer Elfmeter."

Ronaldo behielt Nerven

Lieber sprach Ronaldo über jene Rolle, die ihm am meisten behagt: die des Matchwinners. Sein 120. Treffer in der Königsklasse lässt die Madrilenen vom dritten Titelgewinn in Folge träumen. Elf Spiele in Folge hat der Weltfußballer in der Champions League nun getroffen.

"Mein Puls hat gerast, aber ich bin ruhig geblieben. Ich wusste, das ist entscheidend", sagte Ronaldo nach seinem unter die Latte verwandelten Elfmeter. Trainer Zinedine Zidane wusste: "Cristiano lässt dich nie im Stich." Für Real war es wohl eine der schönsten Heimniederlagen der Klubgeschichte. In der Neuauflage des Vorjahrsfinales stand Juventus vorübergehend vor einer noch nie gesehenen Sensation. Ein 0:3 nach dem Hinspiel zu Hause hat noch kein Team in der Geschichte der Champions League aufgeholt.

Nach Toren von Mario Mandzukic (2., 37.) und Blaise Matuidi (61.) war Juve im Bernabeu-Stadion aber plötzlich wieder im Aufstiegsrennen. Die scheinbar nicht gutzumachende Hypothek war wettgemacht – ehe in Minute 93 das Drama seinen Lauf nahm.

Rufe nach Videobeweis werden lauter

Juve-Präsident Andrea Agnelli forderte den Einsatz des Videobeweises in der Champions League. Oliver habe "totales Chaos" verbreitet. Italiens Klubs würden durch den Verzicht auf technische Hilfsmittel im Europacup "wissenschaftlich" geschädigt werden, sagte Agnelli, der Uefa-Schiedsrichterchef Pierluigi Collina "Eitelkeit" unterstellte.

Trainer Massimiliano Allegri blieb diplomatischer. Kleine Details hätten das Duell unglücklicherweise entschieden. "Beide Mannschaften hätten sich den Aufstieg verdient, aber das ist nicht möglich", meinte er.

Zidane, in seinem letzten Karrierespiel im WM-Finale 2006 gegen Italien (mit Buffon) ebenfalls ausgeschlossen, meinte, Buffon habe Rot nicht verdient. Über den Elfer wollte er nicht zu viele Worte verlieren. "Ich habe es nicht gesehen, aber der Schiedsrichter hat ihn gegeben, und es kann nicht mehr geändert werden", sagte Zidane. Nach dem Aus im Rennen um nationale Titel darf der 45-Jährige weiter hoffen, die Saison mit einem Sieg im Champions-League-Finale in Kiew zu retten.

Ramos könnte fehlen

Der am Mittwoch aufgrund seiner Sperre schmerzlich vermisste Sergio Ramos könnte auch im Semifinale fehlen. Reals Kapitän saß laut Medienberichten in Zivil auf der Bank, was verboten ist. Liverpool, Bayern München und AS Roma sind die drei weiteren Teams im Semifinale. (sid, APA, Reuters, red, 12.4.2018)

Elfer oder nicht?

Der Elfmeter in beinahe letzter Sekunde führte auch innerhalb der STANDARD-Community zu großem Diskussionsbedarf.