Briefing des russischen Verteidigungsministeriums nach den Luftschlägen von USA, Großbritannien und Frankreich in Syrien.

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Syrer schwenken in Damaskus russische, syrische und iranische Flaggen bei Protesten gegen die Luftangriffe der USA und ihrer Aliierten.

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ORF-Korrespondent Ernst Kernmayer aus Washington

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ORF-Korrespondentin Carola Schneider aus Moskau

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Militärschlag gegen Syrien: ORF-Korrespondentin Eva Twaroch aus Paris

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Damaskus/Brüssel/Washington – Moskau hat nach den westlichen Angriffen in Syrien mit "Konsequenzen" gedroht. Die Verantwortung dafür liege bei Washington, London und Paris, teilte der russische Botschafter in Washington, Anatoli Antonow, über den Kurzbotschaftendienst Twitter mit. Russland unterstützt im syrischen Bürgerkrieg Machthaber Bashar al-Assad.

Kurz zeigt Verständnis

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat Verständnis für den westlichen Militäreinsatz in Syrien geäußert, der eine Reaktion auf den jüngsten Chemiewaffen-Einsatz in dem Land sei. Zugleich forderte er, eine weitere Eskalation zu verhindern.

"Dieser jüngste Angriff mit Chemiewaffen gegen die Zivilbevölkerung war schockierend und ist auf das Schärfste zu verurteilen. Angesichts der Blockade des UN-Sicherheitsrates habe ich Verständnis für diese begrenzte militärische Aktion mit dem Ziel, weitere Kriegsverbrechen mit Chemiewaffen in Syrien zu verhindern", so der Bundeskanzler in einer Stellungnahme.

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) brachte in enger Abstimmung mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) "die schwere Besorgnis Österreichs angesichts der Situation in Syrien" zum Ausdruck.

NATO auf Seiten der USA

Unterdessen unterstützte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg den Angriff der USA, Großbritanniens und Frankreichs gegen mutmaßliche Giftgaseinrichtungen in Syrien. Stoltenberg erklärte am Samstag in Brüssel am Sitz des Bündnisses: "Das wird die Fähigkeiten der Führung einschränken, weiter die Menschen in Syrien mit chemischen Waffen anzugreifen."

Die NATO habe wiederholt Syriens Einsatz von Chemiewaffen als klaren Bruch internationaler Regeln verurteilt. "Der Gebrauch von chemischen Waffen ist nicht zu akzeptieren, und die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden", so Stoltenberg weiter.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat nach dem militärischen Angriff eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates gefordert. Der Angriff werde auf das Schärfste verurteilt, teilte der Kreml am Samstag in Moskau mit.

Deutschland unterstützt Militäreinsatz

Die deutsche Bundesregierung hat sich hinter die Angriffe auf Syrien gestellt. "Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag in Berlin.

"Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben", betonte Merkel. Die Linke hingegen kritisierte einen völkerrechtswidrigen Angriff. Die Grünen warnten vor einer militärischen Eskalation und forderten eine diplomatische Initiative der EU.

Türkei begrüßt Angriff

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Luftangriffe der USA, Großbritanniens und Frankreichs auf Syrien nachdrücklich unterstützt. Erdogan sprach am Samstag bei einer Versammlung seiner Regierungspartei AKP in Istanbul von einer "angemessenen" Antwort der westlichen Staaten auf die "unmenschlichen Angriffe" der syrischen Armee.

Der Einsatz von Chemiewaffen gegen syrische Kinder könne nicht hingenommen werden.

Iran warnt vor regionalen Konsequenzen

Das geistliche Oberhaupt des Iran, Ali Khamenei, hat die Staats- und Regierungschefs der USA, Großbritanniens und Frankreichs nach den Angriffen "Kriminelle" bezeichnet. "Der Angriff heute Morgen gegen Syrien ist ein Verbrechen", erklärte Khamenei am Samstag im Kurzbotschaftendienst Telegram.

Der Iran warnte vor "regionalen Konsequenzen" der westlichen Angriffe in Syrien. "Die USA und ihre Verbündeten haben keinerlei Beweise und haben ohne überhaupt die Stellungnahme der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) abzuwarten, diesen Militärschlag ausgeführt", teilte ein Sprecher des Außenministeriums in Teheran am Samstag über den Kurzbotschaftendienst Telegram mit. OPCW-Experten wollten am Samstag in Syrien mit den Ermittlungen zu dem mutmaßlichen Chemiewaffenangriff der Regierungstruppen auf die Stadt Douma am 7. April beginnen.

Der Iran steht gemeinsam mit Russland an der Seite des syrischen Machthabers Bashar al-Assad.

China fordert zu Dialog auf

China hat am Samstag eine vollständige, faire und unabhängige Untersuchung des Einsatzes in Syrien gefordert. Eine politische Einigung sei die einzige Möglichkeit, den Konflikt beizulegen, teilte das Außenministerium mit. Jeder Militäreinsatz ohne Beschluss des UN-Sicherheitsrats verletzte die Prinzipien und Normen des internationalen Rechts.

"Brutale Aggression" und Vergleiche mit Hitler

Die staatliche syrische Nachrichtenagentur SANA zitierte am Samstagmorgen eine Quelle im Außenministerium in Damaskus, die dem Westen vorwarf, mit den Angriffen die für Samstag geplant Untersuchungsmission der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) zu verhindern. Auf diese Weise wolle der Westen "seine Lügen" hinsichtlich eines angeblichen Chemiewaffenangriffs in der Stadt Douma kaschieren.

Ein russischer Politiker hat den US-Präsidenten Donald Trump mit Adolf Hitler verglichen. "Man kann ihn den Adolf Hitler unserer Zeit nennen", sagte Alexander Scherin, Vizevorsitzender des Verteidigungsausschusses der Staatsduma, am Samstag in Moskau. Die westlichen Mächte hätten unter US-Führung eine ähnliche Strategie genutzt.

"Schauen Sie mal, er hat sogar dieselbe Uhrzeit ausgewählt zu der Hitler die Sowjetunion angegriffen hat", sagte Scherin der Agentur Ria Nowosti. Die deutsche Wehrmacht hatte am 22. Juni 1941 frühmorgens mit dem Überfall auf die Sowjetunion begonnen.

Guterres warnt vor Eskalation

UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen zur Zurückhaltung aufgerufen. Angesichts der gefährlichen Lage sollten sie alle Handlungen vermeiden, durch die die Situation eskalieren und das Leid der syrischen Menschen sich verschlimmern könnte, sagte er am Freitag (Ortszeit) in New York.

Jedweder Einsatz von Chemiewaffen sei abscheulich. Das Leiden, das dadurch verursacht werde, sei schrecklich. Er habe wiederholt seine tiefe Enttäuschung deutlich gemacht, dass es dem Sicherheitsrat nicht gelungen sei, einem speziellen Mechanismus für die wirksame Haftung beim Einsatz von Chemiewaffen zuzustimmen. "Ich fordere den Sicherheitsrat auf, seiner Verantwortung gerecht zu werden und diese Lücke zu schließen", erklärte Guterres.

Auch Italien warnt vor "gefährlicher Illusion

Nach dem Angriff hat auch Italiens geschäftsführender Regierungschef Paolo Gentiloni vor einer Eskalation gewarnt. "Die Aktion dieser Nacht war eine begrenzte Aktion, die darauf abzielte, die Kapazitäten zur Produktion und Verbreitung von chemischen Waffen zu treffen. Sie kann und darf nicht der Beginn einer Eskalation sein", sagte Gentiloni am Samstag in Rom.

Italien habe in den sieben Jahren des Syrien-Krieges stets betont, dass der Konflikt nicht mit dem Einsatz von Gewalt gelöst werden könne, und dass es eine "gefährliche Illusion" sei anzunehmen, den "Diktator" Bashar al-Assad mit Gewalt aus dem Amt drängen zu können. Gentiloni sagte, die jetzt erfolgte begrenzte Militäraktion könne ein "weiteres Alarmsignal, ein Ansporn, ein Antrieb" sein, um den Dialog und die Diplomatie wieder ins Zentrum für eine Stabilisierung Syriens zu rücken.

Der Chef der rechtspopulistischen Lega, Matteo Salvini, zog am Samstag auf Twitter einen Vergleich der Angriffe der Westmächte auf Syrien mit dem US-Krieg gegen den Irak unter Saddam Hussein. "Sie suchen noch immer die 'Chemiewaffen' von Saddam, wir zahlen noch immer den Preis für den irrsinnigen Krieg in Libyen, und irgendjemand, der da bequem am Druckknopf sitzt, beharrt auf die 'intelligenten Flugkörper', hilft damit jedoch den fast besiegten islamistischen Terroristen. Verrückt, hört auf", schrieb Salvini.

Russland: "Verletzung des Völkerrechts"

Der Angriff hat nach Ansicht des russischen Außenpolitikers Konstantin Kossatschow das Ziel, die Arbeit der Chemiewaffenexperten der OPCW zu erschweren. "Mit hoher Wahrscheinlichkeit versucht man die Arbeit der OPCW-Mission zu stören oder sogar ganz zum Scheitern zu bringen", sagte der Vorsitzende des Außenausschusses im russischen Parlament der Agentur Tass zufolge in Moskau. Bei dem Angriff handle es sich um eine ungeheuerliche Verletzung des Völkerrechts, sagte Kossatschow. "Es ist ein Angriff auf einen souveränen Staat ohne rechtmäßigen Grund." (red, APA, 14.4.2018)