Medienminister Gernot Blümel will lieber einen "echten medienpolitischen Diskurs".

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Wien – Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) hat sich zu den Attacken von FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger auf den ORF geäußert. Blümel teilte auf STANDARD-Anfrage mit, dass er sich nicht an den "aufgeladenen Diskussionen" beteilige, "die am Sinn der Debatte vorbeigehen". Es gehe ihm um eine "sachliche, ernsthafte" Debatte und einen "echten medienpolitischen Diskurs". Dafür müsse man aber Emotionen und Aufgeregtheit zurückfahren.

FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein musste sich am Montag fragen lassen, wie der Wunsch der Regierungsparteien nach einer "sachlichen Debatte" mit Stegers Sagern zu vereinbaren ist. "Norbert Steger hat als Eigentümervertreter seine Meinung kundgetan, das steht ihm selbstverständlich zu, aber ich als Mediensprecher maße mir nicht an, vom Parlament aus Ratschläge ans ORF-Management zu erteilen", sagte er im Gespräch mit der APA. "Einflussnahmen aus der Politik" auf den ORF lehne er ab, erklärte Jenewein.

Inhaltlich seien einige Punkte wie etwa Social Media-Richtlinien für ORF-Journalisten "zu unterstreichen", meinte er weiter. Die "emotionale Zuspitzung" aber sei nicht seine Sache. Die Medien-Reformdiskussion sei ein "ergebnisoffener Prozess, wo jeder eingeladen ist, seine Beiträge zu bringen. Das machen manche pointierter, manche ruhiger. Ich bin für die ruhigere Art." Dass sich Steger schon im Juni ein neues ORF-Gesetz wünscht, hält Jenewein für einen "sehr ambitionierten Zeitplan", schließlich finde ja die Enquete erst im Juni statt.

Kritik aus dem Stiftungsrat

Aus dem ORF-Stiftungsrat kommt Kritik an den Aussagen des freiheitlichen Mitglieds Norbert Steger. "Meine Unterstützung für diese Aussagen bekommt er nicht", sagte der Kärntner Vertreter Siggi Neuschitzer am Montag im Gespräch mit der APA. Und: "Wenn er das vertritt, werde ich ihn sicher nicht zum Vorsitzenden wählen." Steger galt zuletzt als Favorit für diese Funktion.

Der ORF-Stiftungsrat in seiner künftigen Form ist derzeit noch nicht komplett, denn das Gremium konstituiert sich im Mai neu. Neuschitzer ist wieder mit dabei, er wurde jüngst von der Landesregierung bestätigt. Ursprünglich vom damaligen freiheitlichen Landeshauptmann Gerhard Dörfler entsendet, sieht er sich "noch immer zum freiheitlichen Lager zugehörig, auch wenn ich nicht im Freundeskreis bin. Aber das unterstütze ich sicher nicht", sagte er in Richtung Steger. "Ich kann doch nicht als Aufsichtsrat zu regieren beginnen." Auch andere – schwarze – Bundesland-Vertreter könnten damit ein Problem haben, schätzt Neuschitzer. Thomas Zach, Vorsitzender des ÖVP-"Freundeskreises", war am Montag für die APA vorerst nicht erreichbar.

SPÖ warnt vor Beschränkung der Medienfreiheit

Der geschäftsführende SPÖ-Klubchef Andreas Schieder hat die Attacken scharf kritisiert und vor einer Beschränkung der Medien-Freiheit seitens der Regierung gewarnt. Wenn kritischen Journalisten mit Entlassung bedroht werden, "ist eine rote Linie überschritten", sagte Schieder bei einer Pressekonferenz am Montag.

Steger solle seine Aussagen zurücknehmen, und Bundeskanzler Sebastian Kurz und Medienminister Gernot Blümel (beide ÖVP) sollten klar Stellung beziehen, forderte Schieder. Einschüchterungen seitens der FPÖ und Versuche, die Medien-Freiheit zu beschränken seien inakzeptabel. Schieder sah in den immer wiederkehrenden FPÖ-Angriffen auf Reporter "Journalisten-Bashing" und warf gleichzeitig der ÖVP vor, nur auf "Message Control" aus zu sein.

SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim kündigte gegenüber der APA an, gegen Steger "Strafanzeige wegen Nötigung" zu erstatten. Nicht anders zu verstehen seien nämlich dessen Aussagen über Journalisten, die für diese existenzbedrohend wirkten.

Reporter ohne Grenzen: "In einer Demokratie nicht angebracht"

Rubina Möhring, Präsidentin von Reporter ohne Grenzen Österreich kritisiert die Äußerungen von FPÖ-Politikern. Sie dienen ihrer Ansicht nach dazu, einzelne Journalisten einzuschüchtern und das Ansehen von "unabhängigen Journalismus, besonders des ORF" in der Bevölkerung zu vermindern. Beides sei "in einer Demokratie nicht angebracht und aufs Schärfste zu verurteilen."

Barbara Teiber, Mitglied der Bundesgeschäftsführung der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier (GPA-djp) bezeichnet die Aussagen als "völlig inakzeptabel", sie sollten "in der demokratischen Öffentlichkeit die Alarmglocken schrillen lassen." Dass ausgerechnet die Berichterstattung aus Ungarn ins Visier des FP-Stiftungsrates gerät sei "entlarvend" – die politische Einflussnahme auf die Medien habe dort "unerträgliche Ausmaße" angenommen.

Noll ortet Vorbereitung eines "autokratischen Medienregimes"

Es sei nicht Sache der politischen Parteien, die Anzahl und Qualität der ORF-Auslandskorrespondenten zu bestimmen", sagt Alfred Noll, Mediensprecher der Liste Pilz. Er sieht in Stegers Ankündigungen, die Vorbereitung eines "autokratischen Medienregimes", das "seine Vorbilder in überwunden geglaubten Diktaturen findet." In anderen "politisch zivilisierten" Ländern müsste Steger sein Mandat abgeben, glaubt Noll und fordert Bundeskanzler Kurz und Blümel dazu auf, dafür zu sorgen "dass Norbert Steger nach so einem Sager unverzüglich in den Ruhestand abgeht". (red, APA, 16.4.2018)