Ob nun der Islam oder nur die Muslime (nicht) zu Deutschland gehören, wird im Nachbarland derzeit wieder viel diskutiert. Ganz vorne dabei ist die CSU.

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Ob der neue deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) die Videobotschaft angesehen hat, ist nicht bekannt. Aber sie dürfte wohl zu den originelleren Zusendungen gehören, die er in letzter Zeit erhalten hat.

Zu sehen ist eine Gruppe Kinder, die Mädchen tragen Kopftuch. "Das Judentum gehört zu Deutschland! Das Christentum gehört zu Deutschland! Der Islam gehört zu Deutschland! Wir gehören zu Deutschland!", rufen sie. Initiiert hat das ganze Benjamin Idriz, Islamtheologe und Imam im oberbayerischen Penzberg.

Es ist einer von vielen Debattenbeiträgen in Deutschland. Denn die Diskussion darüber, ob nun der Islam zu Deutschland gehört, reißt nicht ab, seit Seehofer erklärt hat, nein, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, und sich damit auch gegen die deutsche Kanzlerin Angela Merkel positioniert hat.

Die Deutschen selbst sind in der Frage gespalten. 47 Prozent stimmen Merkel in einer Forsa-Umfrage zu, 46 Prozent hingegen finden, der Islam sei "nicht Teil der deutschen Gesellschaft". Ablehnend stehen vor allem die Ostdeutschen dem Islam gegenüber (62 Prozent), ebenso die über 60-Jährigen (53 Prozent) und – wenig überraschend – die Anhänger der AfD (87 Prozent). Der Idee, dass der Islam etwas sei, "das einem Angst macht", stimmen nur 28 Prozent der Befragten zu.

Christlich-abendländisch

Doch die CSU ist wild entschlossen, sich voll auf das Thema zu setzen und es nicht der AfD zu überlassen. Bayern wählt im Oktober, und die AfD ist noch nicht im Landtag vertreten. So soll es nach Ansicht der CSU auch bleiben. Im aktuellen Spiegel legt der neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) daher nach und erklärt: "Der Islam ist nicht identitätsstiftend und kulturprägend für unser Land, selbst wenn er Realität in vielen deutschen Städten ist. Natürlich gilt Religionsfreiheit, aber Deutschland ist christlich-abendländisch geprägt, mit jüdischen und humanistischen Wurzeln." Wenige Tage zuvor hatte schon CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt gemeint, der Islam sei "kulturell nicht prägend, und er soll es auch nicht werden".

In der CDU stimmen vor allem die Konservativen zu. "Ich schließe mich in der Islamdebatte Horst Seehofer an", sagt der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor (CDU). Er ist 25 Jahre alt, somit der zweitjüngste Abgeordnete, stammt aus Mecklenburg-Vorpommern und gilt als "Geheimwaffe" der CDU gegen die AfD, seit er im Plenum einen AfD-Antrag zum Burkaverbot im öffentlichen Raum gnadenlos zerriss. Bemerkenswert daran: Amthor ist eigentlich auch für ein Verbot.

Aber er weist auf die aktuelle Rechtsprechung hin, und diese zeige nun mal, dass das Tragen der Burka auf der Straße von der Religionsfreiheit gedeckt sei. "Ein Viertel Ihrer Fraktion sind Juristen. Diese Expertise findet sich in dem Antrag in keiner Weise wieder", höhnt er Richtung AfD.

Die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre, beantwortet er so: "Ja, so wie der Gartenzwerg auch." Aber mit dieser Feststellung, findet er, sei "noch nichts umgesetzt".

Frage nach der Prägung

Richtigerweise müsste die Frage nämlich lauten: "Prägt der Islam Deutschland?" Darauf sei die klare Antwort: Nein. Aus Amthors Sicht ergeben sich daraus folgende Fragen: "Wie gehen wir mit der Radikalisierung muslimischer Gemeinden um? Wie verhindern wir, dass die Scharia Rechtfertigung für Rechtsbruch ist?"

Und natürlich gehört in Deutschland auch die Frage des Kopftuchs für unter 14-Jährige zur Debatte. Er sei "im Prinzip" für ein Verbot, sagt Seehofer mit Blick auf Österreich. Doch es gibt in der Union auch kritische Stimmen. "Ich halte den Ansatz für unvereinbar mit dem verfassungsrechtlich verankerten Elternrecht", sagte die CSU-Innenpolitikerin Andrea Lindholz und fragt: "Wie soll denn in der Praxis ein Kopftuch von einem reinen Sonnenschutz unterschieden werden?"

Zu interessanten Schlussfolgerungen kommen dieser Tage übrigens zwei führende Magazine, die sich mit der Befindlichkeit Deutschlands befassen. "Große Teile des Landes leiden unter Identitätsstress", befindet der Spiegel. Denn: "Deutsche ohne ausländische Wurzeln haben Angst, dass Zuwanderer ihnen ihre Heimat nehmen könnten." Der britische Economist hingegen befindet in seiner Coverstory über "Cool Germany": "Die Flüchtlingskrise hat den Horizont Deutschlands erweitert." (Birgit Baumann aus Berlin, 17.4.2018)