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Drohvideos maskierter Männer waren zeitweise ETA-Markenzeichen. 2011 verkündeten Vermummte das Ende des bewaffneten Kampfes.

Foto: AP / Gara

Der bewaffnete Kampf ist vorbei, und zumindest im Rückblick gibt es Einsicht. Die baskische Separatistenorganisation ETA hat sich am Freitag in einem Kommuniqué für "das Leiden" entschuldigt, das durch die früheren militanten Aktionen entstanden sei. "Wir bedauern das wirklich" , heißt es in dem Schreiben, das bei den beiden baskischen Zeitungen Gara und Berria einging.

In einem Begleitbrief erklärt die Gruppe, dass das Kommuniqué im Rahmen einer internen Debatte entstanden sei. Diese führte schon vor mehr als sechs Jahren, im Oktober 2011, zum endgültigen Ende des bewaffneten Kampfes. Vor genau einem Jahr übergab die ETA dann ihr Waffen- und Sprengstoffarsenal im Süden Frankreichs unter Aufsicht internationaler Beobachter den französischen Behörden. Das Kommuniqué dürfte eines der letzten der Separatistengruppe sein. Denn laut Informationen des baskischen Fernsehsenders EITB wird die ETA am ersten Wochenende im Mai im französischen Teil des Baskenlandes ihre Auflösung bekanntgeben. "Mit Blick in die Zukunft ist die Aussöhnung die Aufgabe, vor der das Baskenland steht", heißt es im jüngsten ETA-Kommuniqué.

Die Separatistenorganisation war vor fast genau 60 Jahren im Widerstand gegen die Diktatur unter General Francisco Franco entstanden. 1968 verübte die Gruppe ihren ersten tödlichen Anschlag gegen einen Beamten der spanischen paramilitärischen Guardia Civil. 2010 wurde ein französischer Gendarm das letzte Opfer der baskischen Untergrundorganisation. Insgesamt hat diese 2472 Anschläge verübt. Die spanische Regierung zählt dabei 829 Todesopfer. "Wir sind uns im Klaren darüber, dass wir in dieser langen Phase des bewaffneten Kampfes viel Schmerz verursacht haben", erklärt die ETA.

Guernica-Flammen löschen

Allerdings sieht sich die Gruppe nicht allein verantwortlich für die harten Jahre, die das Baskenland durchlebt hat. "Der Schmerz herrschte lange bevor die ETA geboren wurde und besteht weiter, nachdem die ETA den bewaffneten Kampf aufgab", heißt es. Als Beispiel dient die Bombardierung der baskischen Stadt Guernica 1937 im spanischen Bürgerkrieg durch die deutsche Legion Condor. Es gelte, "eine demokratische Lösung für den politischen Konflikt" zu finden. So "könne der Frieden und die Freiheit für das Baskenland erreicht werden, um die Flammen von Guernica endgültig zu löschen".

Die Aussöhnung, von der die ETA im Kommuniqué spricht, hat längst begonnen. Seit dem endgültigen Waffenstillstand vor mehr als sechs Jahren zieht im Baskenland nach und nach Normalität ein, auch wenn die Politik in Madrid wenig dazu beiträgt. "Das Kommuniqué der ETA ist die Konsequenz der Stärke des Rechtsstaats", erklärte die Regierung des Konservativen spanischen Regierungschefs Mariano Rajoy. Von einem Zugehen auf die baskischen Separatisten, etwa mit Verlegung der über 300 inhaftierten "Etarras" in heimatnahe Haftanstalten oder anderen Hafterleichterungen, will Rajoy nichts wissen.

Er hat das Ende der Gewalt geerbt. Die ETA verkündete im Oktober 2011 noch unter Rajoys Vorgänger, dem Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero, vermutlich nach Gesprächen mit dem Innenministerium, die "endgültige Einstellung aller bewaffneten Aktionen". Rajoys Partido Popular (PP) demonstrierte damals zusammen mit Opfervereinigungen gegen Zapatero. Er würde die Demokratie und Einheit Spaniens verraten, hieß der Vorwurf.

Wunsch nach Referendum

Seit der endgültigen Waffenruhe hat die Politik im Baskenland das Wort. Die vor fünf Jahren entstandene Bürgerbewegung Gure Esku Dago ("Es ist in unserer Hand") versucht, die Erfahrungen aus Katalonien auf das Baskenland zu übertragen. Im Nordosten Spaniens begann alles mit kommunalen Abstimmungen über die Unabhängigkeit. Auch Gure Esku Dago hat solche im Baskenland bereits durchgeführt. Und am 10. Juni diesen Jahres soll wie 2013 in Katalonien das gesamte Baskenland von einer Menschenkette für die Unabhängigkeit durchzogen werden. "Das Recht zu Entscheiden ist ein unabdingbares Instrument für das langfristige Zusammenleben", erklärt der Sprecher von Gure Esku Dago, Zelai Nikolas. Nach Katalonien, wo 80 Prozent der Bevölkerung für ein Unabhängigkeitsreferendum im beiderseitigen Einverständnis sind, wächst dieser Wunsch auch im Baskenland. Die ETA ist zwar Geschichte, das Unabängigkeitsstreben der Basken aber nicht. (Reiner Wandler aus Madrid, 20.4.2018)