Neues Design und noch viel mehr für Gmail.

Grafik: Google

Erst vor wenigen Wochen war durchgesickert, dass Google an einem kompletten Redesign für Gmail arbeitet. Nun geht dieses an den Start: Ab heute wird die neue Gmail-Generation an die 1,4 Milliarden Nutzer des Mail-Dienstes ausgeliefert, verkündet der Softwarehersteller in einem Blogeintrag. Und wie sich dabei zeigt, gehen die Änderungen weit über das Oberflächliche hinaus.

Snooze

Zu den neuen Funktionen für Gmail gehört eine Snooze-Funktion, wie sie bereits von einigen anderen Mail-Clients bekannt ist. Damit können Mails vorübergehend aus dem Blick geräumt werden, nach einer frei wählbaren Frist tauchen sie dann automatisch wieder in der Inbox auf. Dies eignet sich etwa, um Hotelreservierungen zeitgerecht zur Hand zu haben oder einzelne Mails über das Wochenende wegzuräumen.

Das neue Gmail mit Kalendereinbindung. Das Menü links kann jetzt übrigens ausgeblendet werden.
Grafik: Google

Parallel dazu wird auch ein neues Feature eingeführt, dass die Nutzer von sich aus an die Beantwortung von Mails erinnert, etwa wenn darin eine konkrete Frist gesetzt wurde. Google betont dabei, dass man dies nur in Ausnahmefällen macht, um die Nutzer nicht zu sehr zu nerven. Möglich wird dies ebenso durch Maschinenlernen wie die "Smart Reply"-Funktion, die selbsttätig Antwortvorschläge unterbreitet. Diese war schon bisher in den mobilen Apps von Gmail verfügbar, ist nun aber auch im Web-Client verfügbar.

Confidential Mode

Ebenfalls neu ist der "Confidential Mode": Dieser ermöglicht es einen zeitlichen Ablauf für Mails festzulegen, danach wird die Nachricht automatisch gelöscht. Am besten funktioniert dies mit anderen GMail-Nutzern, bei denen all dies wie normale Mails integriert ist. Nutzer anderer Mail-Dienste bekommen hingegen nur einen Link auf den eigentlichen Inhalt geboten, den sie dann im Web betrachten müssen.

Die neue Snooze-Funktion für Gmail
Grafik: Google

Passend dazu bietet Gmail künftig eine Art Rechtemanagement für ausgehende Mails: Ist dieses aktiviert, lassen sich Mails vom Empfänger weder weiterleiten noch direkt ausdrucken. Dass es immer Wege gibt, um so etwas auszutricksen, ist dem Softwarehersteller dabei durchaus klar. Allerdings geht man davon aus, dass sensible Mails oft unabsichtlich an Dritte weitergeleitet werden – was durch diese Maßnahmen effektiv verhindert wird.

Sicherheit

Eine weitere Sicherheitsverbesserung: Es gibt künftig eine Art Zwei-Faktor-Authentifizierung für E-Mails. Der Empfänger kann entsprechende Mails nur in Kombination mit einem Autorisierungscode öffnen, der ihm via SMS zugesendet wird. Sowohl das Rechtemanagement als auch die Zwei-Faktor-Authentifizierung sind zum Start übrigens noch nicht verfügbar, sie sollen in den kommenden Wochen folgen, versichert Google.

Gmail rückt nun Mails in den Vordergrund bei denen aufgrund des Inhalts davon ausgegangen wird, dass eine dringende Antwort ansteht.

Redesign

Die auffälligste Änderung ist aber natürlich die Umgestaltung der grafischen Oberfläche. Hier orientiert sich Google an der aktuellsten Iteration seines Material Designs. Das Ergebnis sieht nicht nur – im Web – erheblich anders aus, sondern resultiert auch in neuen Features. So gibt es nun ein neues Seitenpanel, über das der Kalender-Einträge, Keep-Notizen und anstehend Aufgaben eingeblendet werden können. Und bevor es überlesen wird: Ja, das bedeutet, dass das Unternehmen das seit Jahren brachliegende Google Tasks reaktiviert. Passend dazu gibt es nun auch eine eigene App für Android und iOS.

Deutlich verbessert werden mit der neuen Version zudem die Offline-Funktionen von Gmail: Der Web-Client speichert künftig – auf Wunsch – alle Mails der letzten 90 Tage lokal. Damit können diese auch bearbeitet werden, wenn gerade kein Netz zur Verfügung steht. Bisher gab es eine eigene Offline-Version von Gmail, die in ihren Möglichkeiten aber deutlich eingeschränkt war. Der neue Offline-Support soll allerdings erst in den kommenden Wochen verfügbar sein.

Mobil

Die mobile Ausgabe von Gmail für Android und iOS bleibt optisch hingegen weiter unverändert, erbt aber natürlich auch die diversen neuen Funktionen. Zudem gibt es hier jetzt auch eine Funktion, die sich "High Priority Notifications" nennt: Mittels Maschinenlernen kann Gmail dabei selbst einschätzen, über welche Mails die Nutzer per Benachrichtigung informiert werden sollen. Ebenfalls neu ist eine Funktion mithilfe derer den Nutzern das Abbestellen von Newslettern vorgeschlagen wird, die man schon länger nicht mehr geöffnet hat.

Sieht fast unverändert aus, bekommt aber neue Features: Die Gmail-App.
Grafik: Google

Zeitplan

Die neue Version von Gmail soll laut Google in Kürze verfügbar sein. Privatnutzer können sie dann über eine Option im Settings-Menü aktivieren, in einem kurzen Test war davon aber noch nichts zu sehen. Unternehmen können das neue Gmail über die Administrator-Konsole für ihre Nutzer aktivieren.

Inbox?

Wer die Entwicklungen rund um Gmail genauer verfolgt, dem wird rasch auffallen: Einige der jetzt angekündigten Funktionen gibt es im alternativen Client Inbox bereits seit einiger Zeit. Dies eröffnet natürlich Spekulationen, dass dies das Ende von Inbox einläuten könnte. Dies dementiert Google aber: Inbox soll weiter als eine Art Experimentierfeld für neue Gmail-Funktionen agieren, und in dieser Funktion auch langfristig erhalten bleiben.

Der Zeitpunkt der aktuellen Ankündigung ist übrigens durchaus überraschend. Waren doch viele Beobachter davon ausgegangen, dass Google die Bühne der eigenen I/O-Konferenz nutzen wird, um den größten Umbau in der Gmail-Geschichte anzukündigen. Doch so wie es aussieht, dürfte sich das Unternehmen für die Keynote der in zwei Wochen in Mountain View, Kalifornien, stattfindenden Veranstaltung lieber auf andere Themen konzentrieren. (Andreas Proschofsky, 25.4.2018)