Onlineplattformen wie Mark Zuckerbergs Facebook dürfen sich nicht an die Stelle des Staates setzen und Gebühren erheben oder Wegerechte vergeben, ohne dafür Steuern entrichten zu müssen.

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Der Skandal um das Unternehmen Cambridge Analytica, das von Facebook erhobene personenbezogene Daten unrechtmäßig verwendet hat, um Wahlergebnisse zu beeinflussen, führt uns zum wiederholten Male vor Augen, wie dringend es klarer Regelungen für digitale Plattformen bedarf.

Damit die digitale Revolution im Hinblick auf Wachstum, Beschäftigung und technologischen Fortschritt ihr ganzes Potential entfalten kann, bedarf es der Freiheit. Wir dürfen allerdings nicht vergessen, dass in unseren liberalen Demokratien Freiheit stets mit Verantwortung Hand in Hand gehen muss.

Gute Regeln

Gute Regeln sind die Grundlage für einen ausgewogenen Fortschritt, bei dem die Menschen und der Markt geschützt sind und ein Vertrauen herrscht, das Investitionen, Technologie und Wachstum beflügelt.

Die Plattformen, die sich de facto als Herausgeber gerieren, müssen auch Verantwortung für die Inhalte übernehmen. Sie dürfen nicht straflos zulassen, dass kinderpornografisches Material in Umlauf gebracht wird, illegal Waffen verkauft sowie radikale und zu Terrorismus und Rassenhass aufrufende Botschaften, Fälschungen und offensichtliche Falschmeldungen verbreitet werden.

Nicht an die Stelle des Staates

Onlineplattformen dürfen sich nicht an die Stelle des Staates setzen und Gebühren erheben oder Wegerechte vergeben, ohne dafür Steuern entrichten zu müssen. Internetriesen müssen – wie vom Parlament und der Kommission vorgeschlagen – dort besteuert werden, wo sie Gewinne erwirtschaften, das heißt dort, wo sie Werbeverträge abschließen, Daten verkaufen, Transaktionen durchführen und Geschäftskontakte pflegen, sowie dort, wo ihre Inhalte gesehen werden.

Gute Rechtsvorschriften bedeuten darüber hinaus, dass das richtige Gleichgewicht zwischen der Freiheit der Nutzer und dem Schutz ihrer Privatsphäre gefunden wird. Es ist nicht hinnehmbar, dass wir für den Zugang zu Onlineanwendungen mit der Aufgabe unserer Privatsphäre bezahlen müssen. Der Skandal um Facebook und Cambridge Analytica macht der Politik einerseits einmal mehr deutlich, dass Missbrauch beobachtet und verhindert werden muss; andererseits bietet dieser Skandal der EU aber auch die Möglichkeit, den Bürgern zu zeigen, dass sie von ihr geschützt werden. Was den Schutz der Privatsphäre angeht, haben wir eine Vorreiterrolle inne. Am 25. Mai treten neue europäische Rechtsvorschriften in Kraft, mit denen unter anderem das sogenannte "Recht auf Vergessenwerden", der Schutz vor ungewollten Werbemails sowie das Recht darauf, zu erfahren, wann und wie die eigenen personenbezogenen Daten unrechtmäßig verwendet wurden, eingeführt werden.

Wachsam bleiben

Die Ereignisse rund um Cambridge Analytica machen deutlich, dass wir stets wachsam bleiben müssen. Wir müssen darauf bestehen, dass die mutmaßliche Verwendung von Daten europäischer Bürger zur Manipulation von Wahlergebnissen – angefangen beim Brexit‑Referendum – lückenlos aufgeklärt wird. Daher habe ich Mark Zuckerberg eingeladen, persönlich vor dem Parlament zu erscheinen und den 500 Millionen Europäern Rede und Antwort zu stehen. Ich erwarte seine uneingeschränkte Zusammenarbeit, damit das Vertrauen unserer Bürger wiederhergestellt werden kann. (Antonio Tajani, 25.4.2018)