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Ein historischer Handschlag: Israels Premier Yitzhak Rabin mit Palästinenserführer Yassir Arafat, in der Mitte US-Präsident Bill Clinton.

Foto: REUTERS/Gary Hershorn

Zu den Verdiensten des jungen saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman wird seit ein paar Wochen gezählt, dass er Israel "anerkannt" habe. Das bezieht sich auf ein Interview mit "The Atlantic", in dem MbS, wie er genannt wird, vom "Recht" sprach, das "die Palästinenser und die Israelis auf ihr eigenes Land" hätten – wofür ein Friedensvertrag nötig sei. Das ist zwar im Grunde seit Jahren die offizielle Linie der Arabischen Liga, aber vielleicht war es das Wort "Recht", das zu einem medialen Hype führte: War das nicht mehr als die bloße Anerkennung der Tatsache der Existenz Israels?

Es hat sich zwar seitdem nichts daran geändert, dass Saudi-Arabien und Israel keine formalen Beziehungen unterhalten – aber der Trend in Richtung Normalisierung war schon vor dem Interview eine Tatsache. Hin und wieder übersetzt sich das praktisch, wie bei der saudi-arabischen Überflugsgenehmigung für israelische Flugzeuge. Aber das meiste findet noch immer hinter den Kulissen statt, schon weil es oft Sicherheitsfragen betrifft. Militärs und Geheimdienstler sind die Avantgarde der Annäherung, der gemeinsame Feind ist Iran.

Manchmal, wenn die arabische Vox Populi beginnt, MbS Verrat an den Palästinensern vorzuwerfen, muss König Salman die Dinge zurechtrücken: so geschehen beim jüngsten Arabische-Liga-Treffen in Dhahran, das der saudische König zum "Jerusalem"-Gipfel erklärte. Zuvor waren Berichte kursiert, dass MbS von den Palästinensern verlange, Abu Dis vor den Toren Jerusalems als Hauptstadt und die Souveränität Israels über Jerusalem zu akzeptieren.

Immer nur "Nein"?

Die Widersprüchlichkeiten im israelisch-arabischen Verhältnis sind nicht neu. Oberflächlich betrachtet stellt sich die israelisch-arabische Geschichte nach 1947, seit die Uno ihren Teilungsplan für Israel und Palästina verkündete, wie ein einziges geschlossenes Nein auf arabischer Seite zu Israel an. Aber es ist komplizierter.

Schon vor der Verabschiedung der Resolution 181 zur Teilung des vormaligen britischen Mandatsgebiets, die das "Arab Higher Committee" der Palästinenser ablehnen sollte, suchte die zionistische Führung nach einem arabischen Staatsmann, von dem sie eine Anerkennung erhoffte: König Abdullah I. von Jordanien, der seine eigenen Träume von einem Großsyrien unter seiner Führung hatte. Darin kam ein Palästinenserstaat definitiv nicht vor.

Es gab eine prinzipielle Übereinkunft – getroffen 1947 bei einem Treffen Abdullahs mit der späteren israelischen Ministerpräsidentin Golda Meir noch vor Verabschiedung des Teilungsplans –, dass die Jordanier das Westjordanland besetzen würden: Was ja dann auch im Krieg 1948/49, nach der Staatsausrufung Israels, geschah. Es ist heute weithin vergessen, dass Jordanien erst 1988 seinen Anspruch zugunsten der PLO aufgab. Da war das Westjordanland bereits 21 Jahre von Israel besetzt.

Dennoch dauerte es – trotz anhaltender israelisch-jordanischer Kontakte – bis 1994, bis es zu einem israelisch-jordanischen Friedensschluss kam. Der Dynamik der offiziellen arabischen Nichtakzeptanz Israels wagte sich in den Jahren nach 1948 kein arabischer Führer zu entziehen.

Langes Suchen nach Verständigung

Versuche der Verständigung gab es immer wieder, etwa auch mit der ägyptischen Führung nach der antimonarchistischen Revolution 1952, der Ministerpräsident David Ben-Gurion zum Putsch gratulierte und eine Botschaft zukommen ließ. 1954 gab es Geheimgespräche, mit Billigung des späteren Präsidenten Nasser. Wieder verlief die Geschichte anders, es folgten die Suezkrise 1956, der Sechstagekrieg 1967 – und im selben Jahr die vielzitierte Arabische-Liga-Konferenz von Khartoum mit ihren drei arabischen Neins: keine Anerkennung, keine Verhandlungen, kein Frieden mit Israel. Das blieb von diesem Gipfel übrig, bei dem sich eigentlich erstmals die Einsicht anbahnte, dass früher oder später nichts an einem Arrangement mit Israel vorbeiführen würde. Aber die Hardliner setzten sich durch.

1973 überfielen die Araber Israel, ein Krieg, der jedoch gleichzeitig den Weg für einen israelisch-ägyptischen Friedensschluss 1979 öffnete. Präsident Anwar al-Sadat bezahlte diesen Schritt 1981 mit dem Leben, Ägypten mit einem Jahrzehnt der Isolation.

1991 nützte US-Präsident George H. W. Bush die Gunst der Stunde: Der Iraker Saddam Hussein, Finanzier der Palästinenser und arabischer Extremisten, hatte den Golfkrieg verloren. Und die Sowjetunion brach zusammen, Russland war mit sich selbst beschäftigt. Die Madrid-Konferenz war die erste große Startinitiative für arabisch-israelische Gespräche. Sie versandeten zwar, aber Israelis und Palästinenser eröffneten die Schiene des Oslo-Prozesses. Auch israelisch-syrische Gespräche gediehen ziemlich weit.

2002 griff die Arabische Liga in Beirut eine saudische Initiative auf, in der Israel voller Frieden angeboten wurde – im Tausch für einen Palästinenserstaat in den Grenzen von 1967. Sie wird bei jedem Gipfel "bekräftigt", wobei sich auch hier inoffiziell längst die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es ohne Abstriche nicht gehen wird. Wenn überhaupt: Denn Israel müsste auch wollen. (Gudrun Harrer, 27.4.2018)