Ob auf Rehkitzsuche oder mit Maiszünslerbomben bewaffnet, hilfreiche Drohnen erobern den ländlichen Raum.

Foto: Festmeter

Digitalisierung und künstliche Intelligenz werden auf absehbare Zeit so gut wie jeden Lebens- und Arbeitsbereich beeinflussen. Was das bedeutet, wird hier exemplarisch anhand dreier Beispiele beschrieben: Landwirtschaft, Polizei und Justiz.

Es ist ein sonderbares Surren, das in der fast makellosen Idylle zu hören ist: blühende Obstbäume, ein Acker neben dem nächsten und üppige grüne Wiesen. Dazwischen schlängeln sich wandernde Pensionisten auf Feldwegen entlang. Und dann ist da eben noch dieses Geräusch.

Es sind aber nicht etwa Bienen, die mit ihrem Brummen die Ruhe in Weistrach stören. Mit sechs Rotoren bewegen sich Drohnen über die Felder der Mostviertler Gemeinde in der Nähe von Steyr. Die unbemannten Flugobjekte schneiden durch die Luft und lassen dabei alle paar Meter kleine Kugeln zu Boden fallen. Sie sollen Landwirten die Arbeit erleichtern. In den Bällen befinden sich nämlich Schlupfwespen, die Maiszünsler – die größten Feinde der Maispflanze – bekämpfen.

"Der Mais ist ab einer bestimmten Höhe nicht mehr befahrbar", sagt Klaus Hinterberger, Agrarspartenleiter beim Lagerhaus Amstetten, der die Drohnen für Bauern fliegt. Deshalb werden die Nützlinge per Hexakopter verteilt – "ganz ohne den Einsatz von Chemie". In vier Minuten kann die Drohne so einen Hektar Acker bearbeiten.

Kleine profitieren besonders

Die Nützlingsausbringung ist nur einer von vielen Einsatzbereichen moderner Technologien im Bereich des sogenannten "Smart Farmings". Durch Computer, Futter- und Melkmaschinen soll die Effizienz in der Landwirtschaft gesteigert, zudem sollen Bauern entlastet werden. Experten sind sich dar über einig, dass vor allem Klein- und Mittelbetriebe von neuen Technologien profitieren können.

So zum Beispiel Helmut Halbartschlager, Schweinebauer aus Weistrach. Er setzt neben Drohnen auch eine automatische Fütterungsanlage im Stallbereich ein, sein Traktor ist mit einem GPS-System ausgestattet. Dadurch erkennt die Feldspritze, in welchen Bereichen schon Pflanzenschutzmittel verteilt wurde. "Man weiß punktuell, wo man schon gefahren ist. Das erspart viel Zeit", sagt der Landwirt.

Neben der Zeitersparnis bringt die Landwirtschaft 4.0 auch zahlreiche ökonomische Anreize, sagt Halbartschlager. Die Technik sei in der Erstanschaffung zwar oft kostspielig, langfristig könnten Landwirte dadurch aber auch Treibstoff, Dünger und Futtermittel einsparen. Für den Schweinebauern ist Smart Farming bereits jetzt Realität. Er glaubt aber, dass die Landwirtschaft in Zukunft noch stärker digitalisiert wird. "Wer jetzt die Technik verweigert, wird später Schwierigkeiten haben mitzuhalten."

Vom Melken bis Säen

Es gibt bereits zahlreiche technische Einsatz gebiete in der Landwirtschaft "Die Anwendungsbreite ist enorm", sagt Agrarexperte Franz Sinabell vom Wirtschaftsforschungsinstitut. So sind bereits seit Jahren automatisierte Melkroboter, die über Sensoren den Gesundheitszustand der Kuh ermitteln, im Einsatz. Apps verschaffen einen Überblick über das Pflanzenwachstum und sammeln Informationen zur Aussaat und Ernte.

Eine solche Anwendung ist das Farm-Management-System Farmdok. Die App übernimmt durch die Auswertung von GPS-Daten die Dokumentation auf dem Feld: "Früher geschah das alles handschriftlich", sagt Gründer Andreas Prankl, der selbst auf einem Hof aufgewachsen ist. "Über die automatisierte Aufzeichnung können Landwirte Betriebsmittel leichter einschätzen. Der Bauer weiß, wie viel Gülle er schon ausgebracht hat."

Bauchgefühl schlägt Landmaschine

Dass durch den zunehmenden Einsatz von Maschinen und Computern Jobs in der Land wirtschaft verlorengehen, glaubt Stefan Polly, Smart-Farming-Experte der Landwirtschaftskammer, nicht: "Eher im Gegenteil, es werden neue Jobs geschaffen." So würden sich beispielsweise immer mehr Start-ups im Agrarsektor ansiedeln und damit die Innovation vorantreiben.

Der Bauer könnte so an Lebensqualität gewinnen und komforta bler arbeiten. Dennoch: Ganz ohne den Bauern wird die Landwirtschaft nie auskommen, meint Polly. Selbst bei autonom fahrenden Traktoren muss – zumindest noch jetzt – für den Notfall ein Mensch auf dem Gefährt sitzen.

Gleiches gilt für unternehmerische Entscheidungen, die eine Maschine nicht treffen kann, sagt Sinabell: "Deshalb wird es immer Bauern geben." Diese Meinung teilt auch App-Gründer Prankl: Wann die Saat ausgebracht und die Ernte eingeholt wird, könne letztlich nur der Landwirt selbst entscheiden: "Da geht es um jahrelanges Wissen und letztlich um das richtige Bauchgefühl." (Nora Laufer, 4.2018)