Schwerhörigkeit isoliert: Wenn man andere nicht mehr versteht, bleibt man lieber in den eigenen vier Wänden.

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Mit den Lebensjahren werden auch die Sinneseindrücke schwächer. Die Menschen sehen schlechter, bei vielen machen sich die Lebensjahre auch durch zunehmend schlechtere Hörorgane bemerkbar. Altersschwerhörigkeit ist ein weit verbreitetes Phänomen. Wer kennt sie nicht, die älteren Herrschaften, denen man ins Ohr brüllen muss. Es ist meist eine beidseitige Hörstörung, HNO-Ärzte sprechen von der sogenannten Altersschwerhörigkeit.

Jeder dritte Mensch im Alter von 65 Jahren ist davon betroffen. Anfangs bezieht sich die Hörstörung nur auf die hohen Töne. "Die Senioren bemerken, dass sie das Vogelgezwitscher nicht mehr wahrnehmen", erläutert Christiane Völter von der Ruhr-Universität Bochum, "später fällt es den Betroffenen immer schwerer, anderen Menschen im Gespräch zu folgen", sagt die Leiterin der Abteilung für Hörrehabilitation an der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde im St. Elisabeth-Hospital.

Häufig werden Hörstörungen im Alter nicht oder erst spät erkannt und behandelt, weil Betroffene den Hörverlust nicht wahrhaben wollen oder auch die Umgebung ihn nicht erkennt. Wird die Hörstörung nicht behandelt, kann dies schwerwiegende Folgen haben: Viele ältere Menschen reagieren auf die Hörbeeinträchtigung mit sozialem Rückzug.

Integriert bleiben

Die verminderte Hörfähigkeit belastet nicht nur die Psyche, was sich in der Entwicklung von Depressionen zeigen kann. Auch die geistigen Fähigkeiten können nachlassen. "Langzeitstudien haben gezeigt, dass Menschen mit Hörstörungen häufiger eine Demenz entwickeln. Bei mittelgradigen Hörstörungen steigt das Risiko um das Doppelte, bei einer hochgradigen sogar um das 5-Fache," so Völter. Hörgeräte können dabei helfen, ältere Menschen wieder in die Gesellschaft zu integrieren.

Die heutigen digitalen Geräte sind technisch so ausgereift, dass sie nach einer langsamen Eingewöhnung von den Betroffenen in der Regel auch regelmäßig genutzt werden. "Es ist bedauerlich, dass nach Schätzungen des Bundes für Schwerhörige dennoch weniger als 50 Prozent der mittel- bis hochgradig Schwerhörigen in Deutschland mit einem Hörgerät versorgt sind", sagt sie.

Neue Einsatzmöglichkeit

Ein konventionelles Luftleitungshörgerät ist allerdings nicht für alle schwerhörigen Menschen sinnvoll und ausreichend. So kann ein Cochlea-Implantat erforderlich werden, wenn die Innenohrschwerhörigkeit in Richtung einer nahezu vollständigen Ertaubung fortgeschritten ist. Die Geräte, die über ein Mikrofon den Schall aufnehmen und die Signale elektrisch auf den Hörnerv übertragen, wurden ursprünglich für taube Kinder entwickelt. "Inzwischen werden Cochlea-Implantate immer häufiger auch bei älteren Menschen eingesetzt", sagt Völter. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die operative Implantation bei älteren Menschen sicher ist. "Unter Beachtung von vorbestehenden Erkrankungen ist die Komplikationsrate bei Älteren mit der von Jüngeren vergleichbar ", kann Völter berichten.

Bereits nach sechs Monaten zeigte sich eine verbesserte Performance im Bereich von Aufmerksamkeit, verzögerter Erinnerung, Impulskontrolle und Arbeitsgedächtnis die größten Verbesserungen gab es in den Tests zu exekutiven Funktionen. Diese messen die Fähigkeit zu komplexen Leistungen, wie sie im Alltag benötigt werden. Im Rahmen der Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für HNO soll der EInsatz von Chochlea-Implantaten bei Altersschwerhörigkeit diskutiert werden. (red, 30.4.2018)