Den Nutzern des Bürohauses The Edge in Amsterdam steht eine App zur Verfügung, mit der sie ihren Arbeitsalltag managen können.

Foto: Ronald Tilleman

Das Gebäude der Zukunft wird nicht nur gut ausschauen und funktional sein, sondern obendrein auch noch schlau. Es erkennt zum Beispiel, in welchen Bereichen des Gebäudes gerade eine Firmenfeier stattfindet und welche Bereiche den ganzen Tag ungenutzt geblieben sind. Diese Informationen werden an das Facility-Management weitergeleitet, das dann weiß, welche Bereiche sehr genau geputzt werden müssen – und welche nicht. Im Gebäude der Zukunft bleiben keine Fragen offen.

Das Projekt The Edge in Amsterdam ist für manche das schlaueste Gebäude der Welt. Im 2014 fertiggestellten Bürohaus – der Hauptmieter ist Deloitte – wurden 28.000 Sensoren verbaut, die Parameter wie Bewegung, Belichtung, Luftfeuchtigkeit und Temperatur messen. Dadurch, so die Überlegung, kann die Gebäudetechnik rasch auf Veränderungen reagieren und effizienter arbeiten. Das macht es auch zu einem Vorzeigeprojekt in puncto Nachhaltigkeit. Im Gebäudebewertungssystem BREEAM gab es dafür 98,36 Prozentpunkte, was einem rekordverdächtigen Nachhaltigkeits-Score entsprach.

Wer in The Edge arbeitet, findet außerdem mittels eigener App einen Parkplatz, den Schreibtisch und andere Kollegen. Sogar die Kaffeemaschine erinnert sich daran, wie man seinen Kaffee am liebsten trinkt.

Projekt in Berlin

Auch in Berlin wird gerade an einem schlauen Gebäude gebaut. Der Spatenstich für den Cube Berlin, ein Projekt der österreichischen CA Immo, fand 2017 statt, nächstes Jahr soll es fertig werden. Zwei bis drei Prozent des Investitionsvolumens wurden in die Gebäudetechnik gesteckt, erklärte Matthias Schmidt von der CA Immo jüngst bei der Branchenveranstaltung Real Estate Circle in Stegersbach – allerdings auch in Know-how, das bei anderen Projekten zum Einsatz kommen wird.

Beim Projekt in Berlin ging es um die komplette Digitalisierung des Gebäudes und die Vernetzung der Technik in einem sogenannten Brain. 3000 Sensoren wurden laut Schmidt verbaut: "Brain ist ein selbstlernendes System, das den laufenden Betrieb, die Umwelt und die Mieter analysiert und dadurch das Gebäude sukzessive optimiert."

Der Haken: Zusätzliche Einnahmen generiert die smarte Technologie – noch – nicht. "Aber das ist bei jeder neuen Entwicklung so", so Schmidt. Höhere Betriebskosten sollten dadurch aber auch nicht entstehen. Vielleicht, so mutmaßte Klaus Dederichs von Drees & Sommer – das Unternehmen ist im Digitalisierungsbereich beim Cube Berlin beratend mit an Bord -, wird aus den schlauen Gebäuden ja in Zukunft eine eigene Assetklasse.

Große Veränderungen

Die Digitalisierung war allgemein ein ganz großes Thema auf dem Podium des Real Estate Circle, auch wenn der eine oder andere diese schon als "Unwort des Jahres" bezeichnete, weil im Grunde niemand so ganz genau wisse, was dahintersteckt. Klar ist aber: Die Veränderungen für die Branche könnten enorm sein.

"Vielleicht ist Lage, Lage, Lage demnächst nicht mehr das Kriterium für eine Immobilie", sagte etwa Katarina Adam von der HTW Berlin auf dem Podium. "Entscheidend könnte künftig sein, ob ich in der Immobilie die Bandbreite bekomme, die ich brauche."

Ein Gebäude ohne ausgezeichnetes WLAN-Angebot sei für Mieter heute nicht mehr attraktiv, meinte auch Dederichs: "Man braucht in jedem Raum einen WLAN-Router. Der muss schon vorab eingeplant werden. Der Vermieter wird so plötzlich zum WLAN-Betreiber." Unterschiedliche Systeme würden sich nämlich gegenseitig stören – und damit für Unmut bei den Mietern sorgen.

Blockchain im Kommen

Eine neue Herausforderung also für Eigentümer, aber auch für Berufsgruppen wie Architekten und Elektriker, die die neue Infrastruktur erst einplanen und dann umsetzen müssen. Auch damit 5G am Ende nicht an der Wärmedämmung des Gebäudes scheitert.

Auch die Blockchain-Technologie, die aktuell noch ganz am Anfang steht, könnte die Branche verändern: Ein Mieter, der aus seiner Wohnung auszieht, sieht dann etwa in der Blockchain den Ursprungszustand der Wohnung. Streitereien beim Auszug über Abnutzungserscheinungen, für die niemand bezahlen will, könnten so künftig vermieden werden.

Hackerangriffe befürchtet

Auch wenn all das unzählige neue Möglichkeiten bietet: Wichtig sei, vorab zu definieren, was die Nutzer sich wünschen – und nicht einfach blind in neue Technik für das Gebäude zu investieren, raten Experten.

Der Schritt kann laut Dederichs nämlich nach hinten losgehen: 90 Prozent der smarten Technik, die derzeit am Markt verkauft wird, sei unsicher, ist er überzeugt – und könne so ins Fadenkreuz von Hackern kommen: "Terroristen werden heutige Gebäude angreifen", so Dederichs. Beruhigend für Eigentümer und Mieter: Eine Nachrüstung im Bestand ist möglich. (Franziska Zoidl, 6.5.2018)