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Matthias Strolz verabschiedet sich aus der Spitzenpolitik.

Foto: Reuters/Foeger

Wien – Impulsiv und immer für eine Überraschung gut: Neos-Chef Matthias Strolz hat Montagmittag unerwartet seinen Rücktritt verkündet. Der Vorarlberger Parteigründer will Parteiführung und Klubvorsitz geordnet übergeben. Die meisten seiner Parteikollegen wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Sonntagabend informierte der 44-Jährige den Parteivorstand, Montagfrüh seine Mitarbeiter und zu Mittag bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz die Öffentlichkeit. "Es ist der Tag, an dem ich als Gründungsvorsitzender von Neos eine schrittweise, geordnete Übergabe einleiten werde", erklärte Strolz.

Erst vor zwei Wochen gelang den Neos in Salzburg der Einzug in den Landtag – die Pinken sind damit in fünf Bundesländern, im Nationalrat und auf EU-Ebene vertreten. Im Westen winkt nun sogar eine Regierungsbeteiligung mit Schwarz und Grün.

Diese Wahl markiere das Ende der Start-up-Phase, die Partei sei seit ihrer Gründung vor sechs Jahren kontinuierlich gewachsen. Das Potenzial seiner Partei sei noch nicht ausgeschöpft, 20 Prozent können die Neos bis 2030 erzielen. Doch bis dorthin will er sie nicht mehr führen.

Die gesamte Erklärung von Matthias Strolz.
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"Die Stimme des Herzens hat mich in die Politik geführt, die Stimme des Herzens sagt mir, dass es der Zeitpunkt für eine geordnete Übergabe ist", sagte der scheidende Parteichef mit Vorliebe für bildgewaltige Sprache. Es brauche eine neue frische Führung für die nächste Wachstumsetappe: "Ich will keiner sein, der erst geht, wenn nichts mehr geht."

Bis Sommer will Strolz die Parteiführung übergeben, im Juni soll bei einer Mitgliederversammlung sein Nachfolger gewählt werden. Beate Meinl-Reisinger dürfte laut STANDARD-Informationen beste Chancen haben. Die Wiener Landesparteichefin engagiert sich von Anfang an bei Neos und fungierte auch bisher als Strolz' Stellvertreterin. Bei der Nationalratswahl kandidierte sie auf Platz drei, entschied sich aber kurz nach der Wahl dafür, in Wien zu bleiben.

Pinker Pilot mit Pathos

Wenn Strolz im kommenden Herbst auch die Klubführung und sein Nationalratsmandat zurücklegt, könnte Meinl-Reisinger problemlos nachrücken. Selbst ging er auf die Frage nach seiner Erbfolge nicht näher ein.

Ein wenig Pathos, viel Leidenschaft und kaum zu kontrollierende Gefühle: Auch bei seiner Abschiedsrede bediente sich Strolz jener Rhetorik, die ihn bekannt machte, und blieb der Sprache der Lüfte treu. "Ich bin nicht der Passagier, sondern der Pilot meines Lebens", erklärte er. Zehn Jahre wollte der 44-jährige verheiratete Vater dreier Töchter der Politik widmen. Nun hat er nach mehr als der Hälfte bereits genug.

Was er in Zukunft machen wird, lässt der Vorarlberger offen. Er verwies darauf, dass Bildung und Gestalten für ihn immer interessant gewesen seien, konkrete Pläne habe er nicht. Auch aufs Schreiben freut sich der scheidende Politiker: "Ich schreibe nicht nur gern Gedichte, sondern auch Bücher", sagte er in Anspielung auf ein Kastaniengedicht, das ihm 2013 Spott einbrachte.

Am Schluss seiner fast 20-minütigen Rede kämpfte er bei seinen Worten an Team und Familie mit Tränen. Er sei dankbar, dass "das Leben mir diese Aufgabe mit auf den Weg gegeben hat".

Auch für Bauunternehmer und Neos-Unterstützer Hans Peter Haselsteiner kam der Zeitpunkt für den Rückzug unerwartet, er habe erst in einem Jahr damit gerechnet: "Ich bin traurig, dass ein politisches Talent die Bühne verlässt", sagte er dem STANDARD. Gleichzeitig bewundere er ihn dafür, kein Sesselkleber zu sein, er habe das beste Alter und die besten Ergebnisse, um neue Wege zu gehen: "Ich bin stolz auf ihn, dass er diesen Schritt gesetzt hat". (Marie-Theres Egyed, 7.5.2018)