Wien – Das Ein- und Ausparken in räumlich knapp bemessenen Parkgaragen erfordert immer gefinkeltere Manöver, beim Überholen auf den Straßen rückt man den autofahrenden Mitbürgern immer näher, und in der Garage daheim bleibt immer weniger Platz für Scheibtruhen, Fahrräder, Mistkübel und Co.

Was automobilen Zeitgenossen schon lange auffällt, hat nun der deutsche Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer in einer Studie erhoben: Die Autos werden immer größer. Der fahrbare Untersatz wuchs in den letzten 27 Jahren nicht nur in der Länge, sondern auch in der Breite. "Es scheint, als bewegen wir uns mit unseren Autos ins Reich von Gulliver", sagt Dudenhöffer.

Millimeter für Millimeter

Zwar bewegten sich die Zuwächse nur im Millimeterbereich, aber die summieren über die Jahre auf recht ansehnliche Ausmaße. War im Jahr 1990 der Durchschnittsneuwagen in Deutschland noch 1,68 Meter breit, sind es mittlerweile 1,80 Meter. Das sind 12,3 Zentimeter oder 7,3 Prozent mehr. Dieses Breiterwerden geht kontinuierlich vor sich, nur einmal in den letzten 27 Jahren wurde es unterbrochen, so Dudenhöffer: Das war im Jahr der Verschrottungsprämie 2009. Damals wurden überwiegend Kleinwagen verkauft.

Bild nicht mehr verfügbar.

So zart und doch ein Auto: ein Fiat 500 im Jahr 2009 in Turin. Die Autos werden stetig pummeliger. Warum das so ist? Autoexperte Dudenhöffer formuliert es so: einerseits wegen der SUV-Welle. Und dann "gibt es bei den Autobauern eine Art Lemminge-Effekt. Wenn Ford seinen neuen Fiesta auf den Markt bringt, muss er besser sein als der Polo – eben einen Zentimeter mehr –, und dann geht es mit Corsa, Polo und allen anderen so weiter."
Foto: dpa/Peter Kneffel

Ansonsten zeigt die Entwicklung in eine Richtung – nach oben. Setze sich der Trend der letzten sieben Jahre fort, werden im Jahr 2025 Neuwagen im Schnitt mehr als 1,83 Meter breit sein. Wobei die Fahrzeugbreiten erheblich streuen – beginnend mit Fließhecklimousinen à la VW Golf und Opel Astra Kleinwagen mit einer Breite von 1,73 über SUVs mit 1,83 bis zu Vans mit 1,85. Der Wachstumschampion bei Breite und Länge ist also nicht der übliche Verdächtige, der SUV. Die wahren Dickschiffe, wie Dudenhöffer sie nennt, sind Vans, sogenannte MPVs (Multi-Purpose Vehicles, also Autos mit drei oder mehreren Sitzreihen), und Limousinen – etwa die Mercedes S-, E- und C-Klasse oder die entsprechenden BMWs, von 7er über 5er bis 3er. Kombis, Sportcoupés und Stadtlieferwagen à la Golf Caddy sind ebenfalls breiter als der Durchschnitt.

Heute hat man es gerne deutlich breiter. Wobei beim SUV der Kunde die treibende Kraft ist. Das ist nicht immer so. Manchmal ist es einfach der Wettbewerb.
Foto: Copyright BMW AG

Was für Deutschland gilt, ist auch auf Österreich übertragbar, sagt David Nose vom Autofahrerclub ÖAMTC. Das Problem laut Nose: "Die Leute wissen nicht, wie breit ihre Autos sind." In einer Befragung schätzten 80 bis 90 Prozent ihren fahrbaren Untersatz um 30 Zentimeter schmäler ein, als er tatsächlich ist. Während sie dachten, das Auto sei im Schnitt 1,50 Meter breit, sind es tatsächlich 1,80 – und das ohne Spiegel. Die Autofahrer sind also mit ihrer Einschätzung quasi in der Vergangenheit steckengeblieben. Laut ÖAMTC brachte es etwa ein VW Golf I mit Baujahr 1974 auf 1,61 Meter Breite. Um zehn bis zwanzig Prozent wuchsen viele Fahrzeuge bis zum Jahr 2015 in die Breite. Ein zeitgenössischer SUV bringt es mit Spiegeln auf beachtliche 2,25 Meter.

Grafik: CAR-Center Automotive Research

Im Alltag wirft das Fragen auf. Für Dudenhöffer jene nach Parkplatzgebühren oder Versicherungsbeiträgen. Warum muss sich der VW-Golf-Fahrer in einen engen Parkplatz drängen, nur weil rechts und links Breitschiffe à la Vans und Limousinen sich "dick" machen, fragt er. Vielleicht müsse man entweder auf automatisch einparkende Pkws ausweichen oder aber ab einer bestimmten Breite den Parkplatz im Parkhaus "verteuern". Wer mehr Platz brauche, könnte dafür ja auch bezahlen, schlägt Dudenhöffer vor. Mehr Breite könnte auch höhere Versicherungskosten nach sich ziehen, so der deutsche Autoexperte: Je breiter das Auto, umso größer sei auch das Unfallrisiko auf Autobahnbaustellen.

Enge auf der Überholspur

Auch ÖAMTC-Mann Nose hält die Breite vor allem im Baustellenbereich auf der Autobahn für ein Sicherheitsrisiko. "Vor einigen Jahren gab es dort bei beengten Verhältnissen für den linken Fahrstreifen noch ein Fahrverbot für Autos über zwei Meter Breite (bzw. ein Überholverbot für zu breite Fahrzeuge). Jetzt gilt es für Autos, die breiter als 2,10 Meter sind." Die Fahrbahnstreifenbreite liegt da bei 2,75 bis 3,10 Meter. Damit dürften rund zwei Drittel der Autos dort fahren. Doch auch wer nicht fahren dürfte, tut das oft – in Unkenntnis der wahren Maße. "Die Polizei dürfte strafen, tut das aber sehr selten." Was die Stellplätze in den Parkgaragen betrifft, so ist das Problem vielleicht geringer, weil die Situation dort in der Regel weniger gefährlich ist. Komfortabel ist das Parken dort oft nicht. Grundsätzlich sollten die Stellplätze 2,50 Meter – mindestens aber 2,30 Meter – breit sein. Das Dilemma: Breite Stellplätze bedeuten weniger Plätze. Und mehr für das Parken zu zahlen ist in der Regel für die Konsumenten auch keine attraktive Option. (rebu, 7.5.2018)