Brigitte Bierlein stieg heuer zur neuen Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes auf. Arbeit gibt es am Gericht genug.

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Wien – Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) ist zunehmend mit Arbeit eingedeckt und nähert sich vergangenen Höchstwerten an. Die Zahl der neuen Fälle stieg im Jahr 2017 im Jahresvergleich um 28,8 Prozent auf 5.047, wie aus dem am Montag veröffentlichten Tätigkeitsbericht 2017 hervorgeht.

Gleichzeitig konnten die Richter bei gleichbleibendem Personalstand 4.719 Rechtssachen erledigen, hieß es in einer Pressemitteilung. Das waren um 21,2 Prozent mehr als im Jahr davor. Die durchschnittliche Verfahrensdauer (ohne Asylsachen) sank weiter auf 140 Tage (2016: 143). Asylsachen eingerechnet betrug die Verfahrensdauer durchschnittlich 113 Tage. Offen waren mit Ende des Vorjahres 1.329 Fälle.

Viele Asylfälle

Wie in den vergangenen Jahren machte auch 2017 das Asylrecht einen beträchtlichen Teil der neuen Fälle aus. Insgesamt 2.280 Rechtssachen betrafen diesen Bereich, das sind 45 Prozent des Gesamtanfalls. Im Jahresbericht weist der VfGH in diesem Zusammenhang darauf hin, "dass jede Beschleunigung der Erledigung von Asyl- und Fremdenrechtssachen beim Bund und bei den Ländern zu einer Kostenersparnis in Millionenhöhe im Bereich der Grundversorgung führt".

Beträchtlich war mit 736 Beschwerden auch der Anteil des Glücksspielrechts. Das entspricht 14,6 Prozent aller Anträge und Beschwerden.

Wie entschieden wurde

In 284 Fällen (6,0 Prozent aller Erledigungen) gaben die Richter den Anträgen bzw. Beschwerden statt. 115 Mal (2,4 Prozent) sprach der Gerichtshof eine inhaltliche Abweisung aus, 241 Fälle (5,1 Prozent) wurden aus formalen Gründen oder mangels Legitimation der Antragsteller zurückgewiesen. In 2.073 Fällen (43,9 Prozent) lehnte der VfGH mangels Aussicht auf Erfolg oder mangels Vorliegen einer verfassungsrechtlichen Frage die Behandlung ab. 1.922 Mal wurde ein Antrag auf Bewilligung von Verfahrenshilfe negativ beschieden.

Auf Interesse weit über die österreichischen Grenzen hinaus stießen im Berichtsjahr die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare sowie die Ab- bzw. Zurückweisung des Antrags der früheren Eigentümerin des Geburtshauses von Adolf Hitler. Sie hatte die gesetzliche Enteignung der Liegenschaft angefochten.

Breiten Widerhall in der Öffentlichkeit fanden weiters das Verfahren im Zusammenhang mit dem Buwog-Strafverfahren (Ablehnung der Richterin durch einen Angeklagten), die Aufhebung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur dritten Piste des Flughafens Wien-Schwechat sowie die Entscheidungen zu Bettelverboten und zur Pensionsübertragung der Bank Austria.

Abgewiesen hat der Verfassungsgerichtshof einen "Drittelantrag" von Nationalratsabgeordneten der FPÖ und der Grünen zum Polizeilichen Staatsschutzgesetz. Bestätigt haben die Richter im letzten Jahr vor der Amtsübergabe von Präsident Gerhart Holzinger an Brigitte Bierlein die Regelungen für den Ersatz von Verteidigerkosten bei Freispruch oder Einstellung eines Strafverfahrens sowie die Richtwertregelungen im Mietrecht. (APA, 7.5.2018)