Die Produktion der Andenken an die royale Hochzeit ist bereits in Gang. Doch nicht nur mit Souvenirs verdient die Wirtschaft.

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Als Prinz William vor sieben Jahren seine langjährige Freundin Kate Middleton zum Traualtar führte, jammerten britische Wirtschaftsverbände und Unternehmer über einen Produktivitätsausfall von geschätzt 6,8 Milliarden Euro. Denn für die Hochzeit des zukünftigen Königs hatte die Nation eigens einen Tag freibekommen. Das Problem stellt sich nicht, wenn Williams jüngerer Bruder Harry und seine US-amerikanische Braut Meghan Markle am 19. Mai vor den Altar treten. Und so herrscht eitel Sonnenschein bei Einzelhändlern und Wirtschaftsstatistikern: Das royale Event dürfte als Meghan-Boom in die Geschichte eingehen.

Ganz genau wollten es die Marktforscher des obskuren Zentrums für Einzelhandel im ostenglischen Norwich wissen: Sie befragten 1200 Briten und verglichen deren Aussagen mit den Plänen von Einzelhändlern sowie Herstellern von monarchischen Memorabilien und Merchandisingartikeln. Am Ende kam eine runde Zahl heraus: Andenken, Bücher und Sonderdrucke der Zeitungen sowie der Zusatzkonsum auf Tausenden von Straßenpartys werde umgerechnet 136 Millionen Euro in die Kassen schwemmen.

Sperrstunde verlängert

Die Vereinigung der Bierbrauer freut sich auf je nach Wetter zusätzlich konsumierte Pints. Extra für das royale Großevent wurde die Sperrstunde um zwei Stunden verlängert, sodass die Briten und ihre Gäste bis ein Uhr morgens trinken dürfen. "Das wird sicher das Geschäft beleben", sagt Brigid Simmonds von der Pub-Lobby BBPA; Experten rechnen mit Zusatzeinnahmen von rund 11,4 Millionen Euro. Hingegen ist der Chef der Pub-Kette Wetherspoon mit ihren knapp 900 Häusern weniger optimistisch. Er wolle keinesfalls respektlos sein, beteuert Tim Martin: "Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die royale Hochzeit uns weiterhilft."

Ganz gewiss zählt hingegen das Kleinstädtchen Windsor westlich von London zu den Profiteuren. Die "königliche Gemeinde" beherbergt neben ihrer 28.300 Bewohnern auch das Königsschloss, in dessen Georgskirche am 19. Mai die Trauung nach anglikanischem Ritus vollzogen wird. In eben dieser Kirche heiratete schon 2005 der Brautvater Charles seine Camilla.

Hohe Hotelpreise

Von den rund 5.000 Journalisten, die vom Ereignis berichten werden, kassiert die Stadt pro Person und Kamera stolze 779 Euro. Allein 50.000 Schaulustige aus Markles amerikanischer Heimat, so die Schätzung der Tourismusbehörde VisitBritain, werden Windsors Straßen bevölkern ebenso wie mehrere hunderttausend Briten.

Und weil die angereisten Besucher des Großereignisses auch irgendwo unterkommen müssen, sind Hotelzimmer übers Pfingstwochenende in Windsor und London nur noch zu Höchstpreisen zu ergattern. Die Vermietungsplattform Airbnb sagt Bewohnern der königlichen Gemeinde über das Wochenende einen Geldsegen von durchschnittlich 401 Euro für die Preisgabe ihrer vier Wände voraus.

Wer rechtzeitig fürs große Ereignis noch den korrekten Hofknicks oder angemessenen Diener lernen will, ist bei William Hanson richtig. Die frühere Premierministerin Margaret Thatcher beispielsweise habe "immer zu tief" geknickst, die derzeitige Amtsinhaberin Theresa May sei ebenfalls "borderline", urteilt der stets korrekt gekleidete Herr mit der quäkenden Stimme. Hanson erteilt auf Anfrage Einzelunterricht in royaler Etikette. Zum stolzen Preis, versteht sich. Taktvoll hüllt er sich in Schweigen über seine Kunden, meist ignorante Ausländer.

Queen "Ma'am"

Wie die Eltern von Meghan Markle etwa. Ob Doria Ragland und Thomas Markle schon wissen, dass man Königin Elizabeth II. als "Ma'am" ansprechen muss, und zwar so, dass es sich mit "ham" oder "jam" reimt, also mit hellem Vokal?

Der 73-jährige Brautvater, von dem lange Zeit gar nicht klar war, ob er wirklich zur Zeremonie kommen würde, hat dieser Tage auf jeden Fall schon mal die Wirtschaft seiner Wahlheimat Mexiko angeregt. In seinem Wohnort Rosarito ließ er sich vom einzigen Ortsschneider den Leib vermessen. Dabei wurde er genauestens von neugierigen Paparazzi beobachtet. Die nicht unerheblichen Maße des Pensionisten würden nun nach London gemeldet, wo sich ein Maßschneider der Sache annehmen werde, meldete das stets gut informierte Boulevardblatt Sun. (Sebastian Borger aus London, 8.5.2018)