Foto: beyerdynamic.de

Wer sich im Internet mit anderen Gamern messen möchte – und sei es nur im Hobbybereich – sollte mit brauchbarem Equipment spielen. Schon für wenig Geld gibt es Gamingmäuse mit guter Genauigkeit und einstellbarer Abtestrate und passable mechanische Tastaturen. Lag der Fokus lange auf Steugeräten, wird aber zunehmend auch das Audioequipment wichtiger.

Hinhören ist wichtig

Denn in Blockbustern wie "Playerunknown‘s Battlegrounds" oder "Fortnite" ist es nicht nur wichtig, schnell und präzise zu zielen, sondern auch, seine Position akustisch orten zu können. Es ist wichtig, seine Schritte und andere Geräusche aus dem restlichen Lärm heraushören zu können, um einen taktischen Vorteil zu haben. Und gerät man von einem unentdeckten Widersacher unter Beschuss, verrät der Knall der Waffe seinen ungefähren Standort, was das schnelle Finden einer Deckung erleichtert.

Den Bedarf unter Spielern nach gutem Hör- und Kommunikationsequipment haben auch die Hardwarehersteller erkannt. Beyerdynamic wirft ein Headset mit der Modellbezeichnung MMX 300 in die Schlacht, um diese Nachfrage abzudecken. Zwischen 250 und 300 Euro kostet das Gerät. Aber macht es einen entscheidenden Unterschied am virtuellen Schlachtfeld? DER STANDARD hat die Probe aufs Exempel gemacht.

Foto: derStandard.at/Pichler

Guter Tragekomfort

Die MMX 300 bieten ein sogenanntes "geschlossenes" System. Die Ohrmuscheln umfassen also die Ohren des Trägers komplett, was die beste Abschottung von Umgebungslärm garantiert. Sie sollten also groß genug sein, aus angenehmen Material bestehen und fest sitzen, ohne zu drücken. In puncto Komfort behauptet sich das Headset gut. Es lässt sich einfach einstellen, verrutscht auch bei schnelleren Kopfbewegungen nicht und fühlt sich gut an.

Weder auf der Kopfoberseite, noch an den Ohren drücken die Kopfhörer unangenehm. Allerdings wird es nach gut einer Stunde Spielzeit doch recht warum darunter. Kurzes Abnehmen reicht jedoch, da sich weniger das Material, sondern die Luft in der Kammer zwischen Kopf und Polsterung erwärmt.

Foto: derStandard.at/Pichler

Gut verarbeitet, Kabel nur mit Mühe austauschbar

Verarbeitungstechnisch macht das Beyerdynamic-Gerät einen guten Eindruck. Der innere Teil des Bügels ist aus Metall. Die Bepolsterung der Ohrhörer besteht aus Kunstschaum, der mit einem filzartigen Textil überzogen ist. Sie lässt sich zwecks Reinigung oder Austausch auch einfach abnehmen. Da sie ein ziemlicher Staubfänger ist, empfiehlt sich bei längerer Nichtbenutzung die Verwendung der Transportbox.

Das Kabel nutzt zwei vergoldeten 3,5-mm-Klinkenstecker, eine kleine "Box" ermöglicht die Regelung von Lautstärke und das Ein- und Ausschalten des Mikrofons. Im Lieferumfang ist neben einer Transportbox auch ein Adapter auf den 6,35-mm-Standard. Das Kabel ist mit 2,5 m großzügig lang. Es lässt sich austauschen, allerdings nur mit einigem Kraftaufwand.

Das Mikrofon sitzt auf einem metallenen Schwanenhals, der sich biegen und über einen Drehmechanismus nach oben und unten klappen lässt. Benötigt man das Mikro nicht, kann man es komplett nach oben drehen, sodass es weder vor dem Mund, noch im Sichtfeld positioniert ist.

Foto: derStandard.at/Pichler

Abgeschottet von der Außenwelt

Angetreten ist das Beyerdynamic MMX 300 gegen eine Kombination aus halboffenen Kopfhörern (Superlux HD668B, übrigens mit austauschbarem Kabel) und USB-Mikrofon (Blue Yeti), die gemeinsam auf rund zwei Drittel des Preises kommt. Allein die Kopfhörer kommen nur auf etwa ein Siebtel des Beyerdynamic-Headsets.

Und das hört man durchaus. Während die Superlux-Hörer zwar längst nicht so schnell warm werden und ebenfalls angenehm sitzen, ist das Tragematerial des viel teureren Gerätes angenehmer. Beim billigen Gerät hört man Lärm in Zimmerlautstärke im Hintergrund immer noch ganz gut, die geschlossenen Highend-Hörer lassen nur lautere Einflüsse sanft durch und kapseln gut von der Umgebung ab. In Gefechtssituationen, in denen es darum geht, etwa leise Schritte zu registrieren, ein wichtiger Unterschied. Einer, der angesichts der Preisdifferenz aber natürlich nicht verwundert.

Foto: derStandard.at/Pichler

Sauberer Klang

Anders bei der Klangqualität, wo von manchen gerne behauptet wird, dass der technische Unterschied zwischen besseren Einstiegsgeräten wie den verwendeten Superlux und teurer High-End-Hardware bei der Wiedergabe eher vernachlässigenswert ist. Aber stimmt das? Die Antwort lautet "Jein".

Bei der Überbringung von Basstönen schneidet das MMX 300 hörbar besser ab. Im Bereich der Mitten und Höhen erscheint die Differenz in der Klarheit des Klanges vergleichsweise gering zu sein. So gering, dass es sich nicht eindeutig sagen lässt, ob – wären beide Systeme gleich gut nach außen schallisoliert – man in Spielen einen merkbaren Vorteil daraus ziehen könnte. Für Profispieler könnte der Unterschied eventuell entscheidend sein. Wer nicht vor hat, in höhere Sphären des kompetitiven Videogamings vorzustoßen, wird darauf nicht angewiesen sein.

Foto: derStandard.at/Pichler

Tolles Mikrofon

Das Mikrofon arbeitet laut Herstellerbeschreibung mit einer "hochwertigen" Kapsel, die in einen abnehmbaren Schaumstoff-Popschutz eingepackt ist. Das Versprechen guter Klangqualität kann man halten, für Kommunikation während eines Spieles ist die klare Stimmwiedergabe sehr vorteilhaft.

Tatsächlich war das Headset-Mikrofon für andere Mitspieler über den Voicechat Discord nur schwer vom USB-Mikrofon zu unterscheiden. Letzteres klingt jedoch etwas "voller" und basslastiger, ist aber auch für Podcasts und Gesangsaufnahmen ausgelegt und kein dezidiertes Gaming-Gerät.

Foto: derStandard.at/Pichler

Fazit

Macht ein 300-Euro-Headset einen Pro-Gamer? Nein. Es hilft aber definitiv, in Spielen, in denen "Audio Clues" von hoher Wichtigkeit sind, besser mitzuhalten. Die klare Wiedergabe in Verbindung mit der sehr guten Abschottung durch die geschlossenen Hörer verhelfen zu besserer Ortung von Gegnern und mehr Immersion. Das tolle Mikrofon sorgt dafür, dass wichtige Informationen nicht im Rauschen untergehen.

In Games, in denen genaue Positionszuordnungen wenig bedeutsam sind – beispielsweise "League of Legends", freut man sich dennoch über die Klangqualität. Gleiches gilt für Filme, Serien und Musik, falls man aus Rücksicht auf Partner oder Nachbarn gerade keine normalen Lautsprecher verwenden mag. Die Preisgestaltung von Beyerdynamic, freilich nicht gerade ein Noname-Hersteller, ist allerdings mutig. Wer eine langfristige All-in-one-Lösung für Gaming-Akustik und Voicechats sucht und den Preis nicht scheut, sollte sich eine Anschaffung des MMX 300 überlegen. (Georg Pichler,11.5.2018)

Update, 11.05.2018, 20:45 Uhr: Entgegen der ursprünglichen Angabe im Artikel ist das Kabel des Headsets austauschbar. Beim Testmodell war die Abnahme des Kabels allerdings zuerst nur nach einigem Krafteinsatz (in weiterer Folge dann mit normalem Widerstand) möglich. Dies wurde im Artikel berichtigt. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.