Leute in der Bäckereischlange wüssten nicht, "ob das der hochqualifizierte Entwickler künstlicher Intelligenz aus Indien ist oder eigentlich ein sich bei uns illegal aufhaltender, höchstens geduldeter Ausländer", sagte FDP-Chef Christian Lindner.

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Im Bundestag sitzt die AfD – vom Rednerpult gesehen – ganz rechts außen. Rechts von ihr findet niemand mehr Platz, links natürlich schon: nämlich die FDP. Liberale klagen manchmal, dass ihnen aus dem AfD-Block Sätze zu Ohren kommen, die sie gar nicht mögen. Man ist auf Distanz zu den Nachbarn von rechts.

Ob den FDP-Mandataren gefällt, dass die AfD derzeit Lob für die FDP übrig hat und ihr auch die Zusammenarbeit in der Asyl-Politik im Bundestag anbietet? Bisher habe sich die FDP jedem Antrag der AfD, der die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland wieder herstellen wolle, konsequent verweigert, sagt AfD-Fraktionschefin Alice Weidel. "Wir laden die FDP aber gerne ein, ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Lindner kann sich bei Migration gerne mit uns abstimmen", so Weidel.

Die vollständige Rede Christian Lindners beim FDP-Parteitag. Ab Minute 1:18:30 geht es um Brötchenbestellen "mit gebrochenem Deutsch".
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Und AfD-Vize Georg Pazderski meint: "Die Altparteien können gar nicht mehr anders, als die Positionen der AfD zu übernehmen, weil sie sonst den Anschluss an die Realpolitik und die Bürger endgültig verlieren."

Ausgelöst hat die Debatte FDP-Vorsitzender Christian Lindner, der am Parteitag über Asylpolitik sprach: "Man kann beim Bäcker in der Schlange nicht unterscheiden, wenn einer mit gebrochenem Deutsch ein Brötchen bestellt, ob das der hoch qualifizierte Entwickler künstlicher Intelligenz aus Indien ist, oder eigentlich ein sich bei uns illegal aufhaltender, höchstens geduldeter Ausländer."

Und weiter sagte er noch: "Damit die Gesellschaft befriedet ist, müssen die anderen, die in der Reihe stehen, damit sie nicht diesen einen schief anschauen und Angst vor ihm haben, müssen sich alle sicher sein, dass jeder, der sich bei uns aufhält, sich legal bei uns aufhält. Die Menschen müssen sich sicher sein, auch wenn jemand anders aussieht und noch nur gebrochen Deutsch spricht, dass es keine Zweifel an seiner Rechtschaffenheit gibt."

Daraufhin wurde Lindner von vielen Seiten Rassismus vorgeworfen. So erklärte die bayerische Grünen-Abgeordnete Katharina Schulze: "Christian Lindner findet: Vor jemandem, der gebrochen Deutsch spricht, kann man Angst haben. Abhilfe vor diesen Ressentiments schaffen nur die aus seiner Sicht 'wertvollen' Ausländer. Das ist purer Rassismus und noch dazu menschenfeindlich."

Stimmungsmache

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Christian Bäumler, sprach von "Stimmungsmache gegen Dunkelhäutige und Hartz-IV-Empfänger mit Flüchtlingsgeschichte". Damit betreibe Lindner "das Geschäft der AfD".

Lindner veröffentlichte danach noch ein Video, in dem er eine Erklärung abgibt und klarstellt, dass ihm die "Anekdote" ein Bekannter erzählt habe. "Wer in meinen Äußerungen Rassismus lesen will oder Rechtspopulismus, der ist doch etwas hysterisch unterwegs. Ich glaube, solche Debatten muss man nüchterner und vernünftiger führen", sagte er. Er habe nur klarstellen wollen, dass es die Gesellschaft beruhige, wenn sich alle Menschen auf ein "geordnetes Verfahren im Rechtsstaat verlassen können".

FDP-Mitglied Chris Pyak twitterte: "Ich bin soeben aus der FDP ausgetreten. Christian Lindner hat in seiner Rede allen Nazis einen Vorwand geliefert, dunkelhäutige Menschen zu drangsalieren."

Unterstützung bekommt Lindner hingegen von CDU-Vizechefin Julia Klöckner: "Ich finde, wir sollten auch die Kirche im Dorf lassen und jetzt nicht Herrn Lindner die Rassismuskeule überziehen." Auch Grünen-Chef Robert Habeck meinte, Lindner sei kein Rassist. Seine Aussagen nannte er aber "dusselig". (Birgit Baumann, 14.5.2018)