8.000 Besucher werden beim We Are Developers World Congress erwartet. Der wohl berühmteste Gast ist Apple-Mitgründer Steve Wozniak.

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Besonders viel versteht das Gros der heimischen Bevölkerung nicht, wenn sich Programmierer über ihre Arbeit unterhalten – ob in Englisch oder Deutsch, ist nebensächlich. Dass der Mangel an IT-Fachkräften steigt, ist zwar seit längerem bekannt, eine richtige Lösung wurde hierzulande bisher aber nicht gefunden. Grund genug für Benjamin Ruschin, Thomas Pamminger und Sead Ahmetovic, den We Are Developers Congress ins Leben zu rufen. Die Erstauflage im Jahr 2015 mit 350 Teilnehmern bezeichnet Veranstalter Ruschin als "organisatorischen Schnellschuss". Doch er erkannte das Potenzial. Branchengerecht gesagt: Die Veranstaltung skaliert.

Ex-Microsoft-Chef Steve Ballmer sorgte bei seiner "Developers"-Präsentation für Aufsehen.
Ryan Hayes

Der We Are Developers World Congress – wie er mittlerweile heißt – lockt heuer 8.000 Besucher ins Wiener Austria Center. Es handelt sich dabei um die größte Entwicklerkonferenz Europas. Zu den Speakern zählen Szenegrößen wie Apple-Mitgründer Steve Wozniak, Gamingikone Brenda Romero und der österreichische Entwickler Felix Krause, der sein Start-up Fastlane mit 21 Jahren an Twitter verkauft hat.

Seit April 2017 gibt es We Are Developers und seit Ende 2017 betreiben sie auch eine Jobplattform, die sich basierend auf einem Datenbankabgleich auf die Vermittlung von Entwicklerjobs konzentriert. Das Unternehmen beschäftigt 60 Mitarbeiter und hat neben dem Sitz in Wien Niederlassungen in Berlin und Sarajevo.

Aufholbedarf

Ruschin sieht bei heimischen Firmen massiven Aufholbedarf beim Umgang mit Entwicklern: "90 Prozent der Unternehmen wissen weder, was Entwickler wollen oder brauchen, noch, wo man sie findet. Selbst wenn sie sie dringend benötigen. Die Nachfrage ist größer als das Angebot, die Unternehmen müssen sich etwas überlegen. Mittlerweile bewerben sich Firmen bei den Programmierern und nicht mehr umgekehrt."

Developern gehe es um die Herausforderung und Perspektive bei Projekten, Gehalt sei kein primärer Ansporn. Dennoch bekrittelt Ruschin die Zahlungsbereitschaft in Österreich: "In den USA verdienen gute Entwickler dreimal so viel wie hier." Wenn sich auch der amerikanische nicht mit dem österreichischen Markt vergleichen lasse. Immer wieder hört man in Österreich Firmen klagen, dass ihnen durch Entwicklermangel Millionenumsätze entgingen.

Mangel entgegensteuern

Dem Fachverband Unternehmensberatung und Informationstechnologie (Ubit) der Wirtschaftskammer Wien zufolge gibt es ungefähr 61.000 unselbstständig beschäftigte Personen im IT-Bereich (Stand: Ende 2016). Berücksichtigt werden nicht nur Entwickler, sondern allgemein Personen, die auf dem Gebiet tätig sind. Aktuell fehlen ungefähr 3.000 Arbeitskräfte. Wirtschaft und Politik sind sich einig, dass entgegengesteuert werden muss.

Damit sich Kinder so früh wie möglich dem Thema annähern, wird es ab dem Schuljahr 2018/19 an allen allgemeinbildenden höheren Schulen und Neuen Mittelschulen die verbindliche Übung "Digitale Grundbildung" geben. Kinder im Alter von zehn bis 14 Jahren sollen einen ersten Einblick in die Informationstechnologie bekommen, wobei auch Themen wie soziale Medien und Cybermobbing behandelt werden sollen. Zusätzliche Lehrkräfte gibt es hierfür nicht, dafür aber eine Reihe von Fortbildungsseminaren.

Allerdings werden Schulen keine zusätzlichen Zeitressourcen zur Verfügung gestellt – und auch für die konkrete Umsetzung sind sie selbst zuständig. Wer dann einen Bildungsweg in der IT einschlagen möchte, hat mehrere Möglichkeiten. Neben berufsbildenden Schulen gibt es einerseits die Lehre zum Informationstechnologen und ab Februar 2019, wie Digitalisierungsministerin Margarete Schramböck angekündigt hat, den Lehrberuf Anwendungsprogrammierer beziehungsweise Coder. Ziel sei es, mehr Fachkräfte auszubilden und sie auch im Land zu behalten.

Hohe Drop-out-Quote

Abseits des Mangels an Fachkräften fehlt es auch an neuen Absolventen an den Universitäten. In Informatik brachen im Studienjahr 2015/16 beim Bachelor 53,6 Prozent das Studium vorzeitig ab, beim Master 53,3 Prozent. Das geht aus einer Studie des Kärntner Instituts für Höhere Studien (KIHS) hervor. Die Zahl begonnener Bachelorstudien ist zwischen 2015 und 2016 um 19,7 Prozent gesunken. Der Grund dafür könnte bei den Zugangsbeschränkungen liegen, die seit dem Studienjahr 2016/17 an der Technischen Universität (TU) und der Universität Wien gelten. An der TU wurden 2017 rund 40 Prozent aller Bewerber abgewiesen. (Muzayen Al-Youssef, Andreas Danzer, 16.5.2018)