Kanzler Kurz hofft auf gemeinsames Auftreten Europas gegenüber den USA.

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Sofia – Bundeskanzler Sebastian Kurz hat zum Auftakt des EU-Gipfels mit deutlichen Worten die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump und die Aufkündigung des Iran-Abkommens durch die USA verurteilt. "Die US-Politik gefährdet unsere Wirtschaft, da stehen Jobs auf dem Spiel", sagte er am Mittwoch in Sofia, wo die Staats- und Regierungschefs der EU ein Spitzentreffen abhalten, "wir stellen uns dem entschieden entgegen".

Trumps Vorgehen sei "sehr negativ" und gefährde auch das Ziel, "den Iran aus der Isolation zu holen". Die Europäer könnten dies nicht hinnehmen, müssten Wege finden, um negative Auswirkungen auf Europas Wirtschaft zu verhindern. Eigentliches Thema des Gipfels wären die EU-Erweiterung und die Balkanstrategie gewesen, was dem bulgarischen EU-Ratsvorsitz ein Anliegen und ursprünglich Grund des Treffens war.

Optimismus in Sachen einheitliche Linie

Die aktuelle Entwicklung um das Iran-Abkommen zwingen Europas Spitze aber dazu, sich mit einer Antwort an Washington zu beschäftigen. Am 1. Juni läuft auch eine Frist aus, nach der die USA Strafzölle auf Stahl und Aluminium aus Europa einheben wollen. Kanzler Kurz zeigte sich optimistisch, dass die EU-Partner bei einem Arbeitsessen am Abend eine einheitliche Linie finden werden. Für Österreichs Wirtschaft sei der Handel mit dem Iran zahlenmäßig nicht bedeutend. Das Exportvolumen betrug zuletzt rund 300 Millionen Euro.

Seit Abschluss des Iran-Abkommens stiegen die Ausführen jedoch deutlich an, um 22 Prozent. Das Iran-Abkommen müsse jedoch als Chance gesehen werden. Trump hatte angekündigt, dass Großkonzerne, die in den USA tätig sind, mit Sanktionen belegt werden, sollten sie ihre Iran-Geschäfte nicht einstellen. Bevor dies schlagend wird, gibt es aber noch Zeit, eine Frist von 60 Tagen.

Juncker verspricht konkrete Vorschläge

Laut dem Ständigen Ratspräsidenten Donald Tusk wird Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker konkrete Vorschläge auf den Tisch legen, wie die Union Unternehmer schützen könnte, die im Iran tätig sind. So könnte die Europäische Investitionsbank (EIB) eingesetzt werden. Der Bundeskanzler sagte, er werde sich beim Gipfel ohne Einschränkung für den Erhalt des Iran-Abkommens einsetzen, ebenso für eine offene Handelspolitik gegen die US-Sanktionen: "Wir haben alle davon einen Nutzen, wenn die Wirtschaft in alle Welt exportieren kann."

Von dem Gipfel sollen positive Signale für die EU-Erweiterung auf dem Balkan ausgehen. Die Beitrittswerberländer sind zunehmend frustriert, weil die Union keine konkreten Zeitpläne für die Aufnahme weiterer Mitglieder hat. Bewegung könnte es in dem jahrzehntelangen Namensstreit zwischen Mazedonien und Griechenland geben. Die bulgarische Präsidentschaft zeigte sich optimistisch, dass eine Vereinbarung den Weg zum Start der mazedonischen Verhandlungen freimachen könnte, den die Regierung in Athen seit langem blockiert. (Thomas Mayer aus Sofia, 16.5.2018)