Die detailliert ausgehandelten Verträge über Leihmutterschaft kennen keine Selbstbestimmung für Frauen: Wer austragen lässt, der zahlt. Und wer zahlt, der schafft an.

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Es ist eigenartig: Während wir ganz bedacht darauf sind, wie Schwangere sich verhalten, und zig Empfehlungen abgegeben werden, wird im Kontext von Leihmutterschaft die Bedeutung der Schwangerschaft für das Kind und seine spätere Entwicklung bagatellisiert oder sogar ignoriert. Und das, obwohl die neuere epigenetische Forschung zeigt, wie sehr das Kind bereits durch die Schwangerschaft geprägt wird.

Ethische Fragen werden dabei tunlichst ausgeblendet: Dürfen wir alles machen, nur weil wir es können? Was sind die Auswirkungen auf Schwächere, auf die Gesellschaft insgesamt? Was passiert, wenn Reproduktionsverfahren einer kommerzialisierten Welt zunehmend von Profit- und Wunschdenken dominiert werden?

Selbst wenn Frauen meinen, sie könnten sich ihr Leben durch Leihmutterschaft substanziell verbessern, etwa indem sie sich wie kürzlich in einem im STANDARD erwähnten Fall eine Wohnung kaufen können, bleibt die Frage: Soll es möglich sein, alles, auch existenzielle Vorgänge wie Schwangerschaft und Geburt, ja ein Kind, zur Ware zu machen und Geld dafür zu bekommen, um sich andere Güter kaufen zu können? In internationalen Konventionen ist dies längst beantwortet: Es ist verboten, mit Menschen und mit menschlichen Körperteilen kommerziellen Handel zu betreiben. Offenbar ist das nicht mehr ganz so klar.

Vielmehr scheint das Denken, alles kaufen und verkaufen zu können, in einer turbokapitalistischen Welt zur Norm zu werden. Allein die Formulierung "trade" im Zusammenhang mit der Existenzwerdung eines Menschen sollte uns alarmieren. "Trade" ist Menschenhandel – und aus guten Gründen verboten. Und Leihmutterschaft "aufwerten", als bezahlte Arbeit? Dann wird das Kind zum "Produkt" dieser "Arbeit", das "Qualität" haben muss. Ist ein Kind behindert, wird es von den Wunscheltern nicht abgeholt, sozusagen als eine "mangelhafte Ware", wie tragische Fälle anschaulich zeigen.

UN-Menschenrechtskonvention

Wie fair ist das alles im Einklang mit der UN-Menschenrechtskonvention für das Kind geregelt? Hat es später zumindest die Möglichkeit, das Wissen um seine Herkunft zu erlangen? Kann es problemlos Kontakt zur Leihmutter und Eizellenspenderin aufnehmen? Gibt es staatlich garantierten Zugang zu den Daten? Leider nicht. Denn die derzeitige Praxis basiert auf schwer zugänglichen oder anonymen Daten, da ein staatliches, geschweige denn europaweites Register nicht einmal bei der simplen Samenspende Realität ist.

In der UN-Kinderrechtskonvention ist verankert, dass jedes Kind das Recht hat, nicht gegen Geld gehandelt zu werden, egal zu welchem Zweck. Zudem hat es das Recht, seine Eltern zu kennen und – wenn möglich – von ihnen betreut zu werden. Sieht man Letzteres nur noch als eine "sehr biologistische Perspektive" an, dann muss man sich wohl mit mehr als 180 Staaten, die alle die Kinderrechtskonvention anerkannt haben, zusammensetzen und neu verhandeln.

Kinder können selbstverständlich nicht nur bei ihren leiblichen Eltern gut aufwachsen. Allerdings: Bei Adoption und Pflege werden die Rechte der Kinder in den Vordergrund gestellt, nicht die der Eltern, weshalb es viel Aufklärung und Information für Adoptivwerber geben muss.

Nicht Erwachsene haben ein Recht auf ein Kind, sondern Kinder haben das Recht auf ihre leiblichen Eltern oder auf Adoptiv- oder Pflegeeltern oder auf staatliche Betreuung. Die hohen Standards bei der Adoption werden bei der Leihmutterschaft aber einfach umgangen.

Zahlen bei Lieferung

Bei Leihmutterschaft kommt es de facto zu Kinderhandel. Frauen bekommen den Großteil des vereinbarten Geldbetrags nicht für die oft mehrmaligen IVF-Versuche, überhaupt schwanger zu werden, auch nicht für die Schwangerschaft an sich, sondern erst, wenn sie ein Kind "abliefern". In Ländern wie den USA und Israel zeigt sich, dass Paare trotz liberaler Gesetze weiterhin ins Ausland gehen. Wir sind als Konsumenten schließlich daran gewöhnt, das billigste Angebot zu suchen – und das findet man in ärmeren Ländern. Außerdem gibt es dort auch mehr Frauen, die diese "Dienste" anbieten. Damit ist klar: Nationale Verbote wie in Österreich reichen nicht aus, es braucht ein internationales Verbot.

Selbstbestimmung ist ein hohes, mühsam errungenes Gut. Mag sein, dass es Frauen gibt, die sich frei für eine Leihmutterschaft entscheiden. Doch wenn man sich die Verträge zu Gemüte führt, findet man dort weit und breit keine Autonomie. Kein Wunder: Welche Wunscheltern oder Ärzte würden es tatsächlich in aller Freiheit der Leihmutter überlassen, über den Verlauf und die Gestaltung der Schwangerschaft zu entscheiden, über die Art der Entbindung und über einen Schwangerschaftsabbruch?

Boomender Markt

Zu glauben, dass auf diesem boomenden Markt, der gute Geschäfte mit einem innigen Wunsch macht, die Rechte von Leihmüttern und Kindern gestärkt werden könnten, ist naiv. Es mag sein, dass eine Leihmutter kurzfristig mehr Geld zur Verfügung hat, die tatsächlichen finanziellen Profiteure sind eindeutig die Kliniken und Agenturen. (Eva Maria Bachinger, 16.5.2018)