Siegessicher winkt Maduro bei einer Wahlkampfveranstaltung in Charavalle am Dienstag in die Menge.

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Es lief nicht ganz nach Plan beim Wahlkampfauftritt von Nicolás Maduro im Bundesstaat Apure am vergangenen Wochenende: Zu schmissigen Rhythmen winkte Maduro, der sich trotz Hyperinflation, Güterknappheit und internationalen Sanktionen zur Wiederwahl stellt, in die Menge. Doch mehrfach mussten sich seine Bodyguards vor ihn schieben und Wurfgeschoße abfangen, wie Reporter des unabhängigen Portals Caraota digital berichteten. Die Beliebtheit des sozialistischen Machthabers liegt dem Umfrageinstitut Datanalisis zufolge bei 17 bis 25 Prozent. Trotzdem ist seine Wiederwahl am Sonntag gesichert.

Zwischen 52 und 58 Prozent der Stimmen werde er erhalten, verkündeten seine Wahlkampfmanager bereits. Dafür haben sie mit allerlei Kniffen gesorgt. Die zerstrittene Opposition hat der sozialistischen Planierraupe wenig entgegenzusetzen. Während ein Teil zum "Boykott der Farce" aufruft und auf ein internationales Eingreifen hofft, unterstützen andere Henri Falcón, einen farblosen Ex-Sozialisten, der momentan dem Bundesstaat Yaracuy als Gouverneur vorsteht. Dritter im Kandidatenfeld ist ein evangelikaler Prediger, wie es inzwischen in Lateinamerika zur Politfolklore gehört.

"Was der Opposition fehlt, ist ein unbestrittener Anführer, eine klare Strategie und die Hoffnung, dass sie die Dinge ändern können", so das vernichtende Urteil von Luis Vicente León, Direktor von Datanalisis. Er geht daher von einer Rekordenthaltung aus.

Opposition unter Druck

Nicht nur der Glaube in die bürgerliche Opposition ist erschüttert. Während diese im April 2017 noch Hunderttausende zu Massenprotesten gegen Maduro mobilisieren konnte, glaubt jetzt niemand mehr an das Wahlsystem. Es ist inzwischen ganz auf die Sozialisten zugeschnitten.

Der Ausschluss von Oppositionellen und unabhängigen Wahlbeobachtern, der propagandistische Missbrauch der inzwischen dominanten Staatsmedien und die Abzweigung von Haushaltsgeldern für Stimmenkauf gehören schon länger zum Wahlarsenal der Sozialisten – ebenso wie die Einschüchterung der Wähler, denen erklärt wird, der Staat könne die elektronische Stimmabgabe nachverfolgen: Wer nicht für Maduro stimme, werde seinen Job beim Staat oder die Sozialhilfe verlieren – allein das betrifft 15 Millionen Venezolaner, die Hälfte der Bevölkerung. Außerdem kontrolliert die Regierung den Wahlrat und hat über einen Computer im Präsidentenpalast direkt Zugriff auf den Abstimmungsverlauf – kann also entsprechend reagieren.

Umfassende Wählermobilisierung

"Operation Schlepper" lautet die diesjährige Strategie, mit der das Wahlvolk an die Urnen gekarrt werden soll, angefangen bei den Parteimitgliedern, die im Lauf des Tages dann Bekannte mobilisieren müssen. Gefälschte Personalausweise ermöglichen die Mehrfach-Stimmabgabe, während paramilitärische Schlägertrupps schon bei den Regionalwahlen gewaltsam die Stimmabgabe in oppositionellen Bezirken verhinderten. Selbst wenn Falcón unerwartet gewinnen würde – er hätte keine Chance, sein Amt anzutreten, wie oppositionelle Gouverneure bei der Regionalwahl erfahren mussten. Ihre Wahl wurde von der Verfassungsgebenden Versammlung, die Maduro als Gegenpol zum oppositionellen Parlament einberufen hat, annulliert. Die USA, EU und die meisten lateinamerikanischen Länder haben Venezuela daher mit Sanktionen gedroht und erklärt, die Wahl nicht anzuerkennen.

International ist Maduro isoliert, doch eine Militärintervention – wie Maduro und Verbündete wie der Bolivianer Evo Morales stets an die Wand malen – halten nur wenige Analysten für wahrscheinlich. Seinen internen Gegenspielern wird Maduro nach Ansicht des Meinungsforschers León mit mehr Repression zu Leibe rücken. Die Errichtung einer Ein-Parteien-Diktatur nach kubanischem Vorbild halten viele für möglich. Die größte Gefahr droht aber von einem Wirtschaftskollaps. Venezuelas Teuerungsrate liegt derzeit bei 13.800 Prozent, Wasser- und Stromversorgung sind im ganzen Land prekär.

Wirtschaft im Keller

Die Erdölproduktion ist durch Korruption auf ein historisches Tief gesunken. Ein Großteil davon ist an Kreditgeber wie China und Russland verpfändet. Die restlichen Einnahmen reichen nicht aus, um die Einfuhr von Lebensmitteln und Medikamenten zu finanzieren. Infrastruktur wie die Raffinerie Citgo in den USA und Tanker werden von Gläubigern teilweise beschlagnahmt. Experten rechnen mit weiteren Sanktionen. "Eine illegitime Regierung hat kaum Spielraum, weder diplomatisch noch auf den Finanzmärkten", sagt der Kommunikationsforscher Andrés Cañizales.

Nach der Wahl rechnet er mit einem Finanzembargo gegen den staatlichen Erdölkonzern und damit, dass Auslandskonten hoher Regierungsfunktionäre beschlagnahmt werden. Spitzt sich die Krise zu, die bereits zwei Millionen Venezolaner in die Flucht getrieben hat, und wird das Geld knapp, das die Loyalität der korrupten Militärs garantiere, sei eine Implosion nicht auszuschließen, so León. (Sandra Weiss, 18.5.2018)