Die Prado Mall in Marseille wurde erst vor kurzem eröffnet – und bietet Kunden mehr als nur ein Einkaufserlebnis.

Foto: Mingle Prod

Das Puerto Venecia im spanischen Saragossa ist kein Shoppingcenter, sondern ein Shoppingresort. Dort kann man auf über 230.000 Quadratmetern nämlich nicht nur einkaufen, sondern auch auf einem künstlich angelegten Kanal Gondel fahren, sich das bunte Treiben mittels Zipline von oben anschauen – und sogar heiraten.

Damit dürfte das von der Lagunenstadt Venedig inspirierte Einkaufscenter voll im Trend liegen. Denn Shopping wird, wenn es nach den Betreibern der großen Zentren geht, immer mehr zur Freizeitbeschäftigung. Dabei geht es Kunden nicht mehr nur um das Stöbern in Geschäften, sondern auch um ein breitgefächertes gastronomisches Angebot und das passende Entertainment.

Die Anteile dieser Segmente steigen in Einkaufszentren daher, erklärte Walter Wölfler, Head of Retail Österreich & CEE bei CBRE, vor kurzem bei einem Pressegespräch. Zumindest im Bereich Gastronomie schränkt er das aber auch schon wieder ein wenig ein: "Die Bäume wachsen nicht in den Himmel." Die Gastronomie werde nie so viele Flächen einnehmen wie der Handel. In England würden sich in manchen Malls die Gastronomiekonzepte schon wieder gegenseitig kannibalisieren.

Gesundheit und Fitness

Als einen der ganz großen Trends der Zukunft erachtet man bei CBRE das Gesundheitsangebot in den Einkaufszentren. Denn einerseits werde das Gesundheitsbedürfnis einer älter werdenden Gesellschaft steigen, andererseits sei der Körper heute für viele junge Menschen ein Statussymbol, das gehegt und gepflegt werden muss. Warum also nicht im Einkaufszentrum?

Wölfler glaubt daher, dass Einrichtungen wie Ärzte- und Wellnesszentren sowie Fitnesscenter in allen Preiskategorien verstärkt Einzug in die Einkaufszentren halten werden. Selbst eine Laufstrecke im Shoppingcenter kann sich der Retail-Experte für einen Schaufensterbummel der anderen Art vorstellen. "Die Konnotierung mit Sport wird stärker", so Wölfler – schon heute würden Einkaufszentren beispielsweise auch als Sponsoren für Laufveranstaltungen auftreten.

Auch andere Bereiche des täglichen Lebens könnten sich in die Shoppingtempel verlagern. Wölfler kann sich beispielsweise Coworking-Flächen in Einkaufszentren vorstellen. Der große Vorteil eines solchen Bürostandorts: "Dort ist die gesamte Infrastruktur bereits vorhanden."

Shoppen und Champagner

Das Omnichannelling – also das Nutzen unterschiedlicher Kanäle – wird auch für die Einkaufszentren immer wichtiger. In manchen Shoppingtempeln in Australien, London und Deutschland wird Kunden bereits eine Onlineplattform geboten, auf der sie bequem von zu Hause aus durch die Angebote sämtlicher Shops stöbern können. Was gefällt, wird bestellt – und dann in einer gemütlichen Lounge im Einkaufszentrum mit einem Gläschen Champagner probiert. Waren, die nicht passen, können dort sofort wieder zurückgegeben werden. Den Weg zur Post sparen sich Konsumenten so.

Der große Nachteil an einem solchen Konzept: "Es ist schwierig, alle Geschäfte zu motivieren, mitzumachen", erklärt Wölfler – besonders jene Branchenriesen, die ohnehin über bestens funktionierende eigene Onlineshops verfügen. Für kleinere Händler sei eine gemeinsame Onlineplattform aber ein großer Vorteil.

Eine andere Verschränkung zwischen Online und Offline ist das Click-and-Collect-Konzept, das heute in einigen Geschäften bereits zur Anwendung kommt: Dabei wird bei einem Händler online bestellt und die Waren dann im Geschäft probiert oder abgeholt. Manche Händler räumen diesem Konzept heute schon große Flächen in ihren Shops ein. "Die Bedeutung von Verkäufern wird so wieder steigen", ist Wölfler überzeugt. Denn ein Verkäufer müsse dann die gewünschte Ware nicht mehr von der Stange holen, dafür aber wieder mehr als Berater fungieren.

Bezahlen der Zukunft

Auch das Schlangestehen an der Kassa könnte bald der Vergangenheit angehören: Bei Apple werden heute schon alternative Bezahlsysteme getestet. Der große Vorteil: Beim Bezahlen mittels App wird nicht nur Zeit gespart, sondern es werden auch Daten gesammelt. "Diese Daten werden in Zukunft wesentlich besser genutzt werden", so Wölfler.

Die Trends der Zukunft sind aber noch nicht bei allen Betreibern von Einkaufszentren angekommen. "Shoppingcenter, die kein klares Profil haben, werden in Zukunft investieren müssen – oder ein Problem haben", analysiert Wölfler. Wobei auch in Zukunft kleinere Shoppingcenter in guter Lage, die keinen Platz für Coworker und Ärztezentren haben, funktionieren können, wie er betont.

Klar ist: Retailimmobilien sind bei Investoren heißbegehrt. Google kaufte erst vor kurzem das Retail- und Bürogebäude Chelsea Market in Manhattan für rekordverdächtige 2,4 Milliarden Dollar (knapp zwei Milliarden Euro).

Begehrte Assetklasse

39 Prozent des Immobilieninvestmentvolumens flossen im ersten Quartal 2018 laut Zahlen von CBRE in diese Assetklasse. Besonders groß ist das Investoreninteresse an Einkaufszentren. Neue Objekte kommen allerdings kaum noch auf den Markt, dafür werden bestehende Flächen heute vermehrt saniert oder erweitert.

Im heurigen Sommer wird beispielsweise die Erweiterung des Einkaufszentrums Murpark in Graz-Liebenau eröffnet. Der Betreiber, die SES, hat dort mehr als 30 Millionen Euro in die Vergrößerung auf insgesamt 90 Shops und 43.000 Quadratmeter investiert.

Auch hier wird, ganz dem internationalen Trend entsprechend, vermehrt auf Gastro-Konzepte gesetzt. Der Gastro-Anteil wird dann bei knapp zehn Prozent liegen. "Investoren prüfen schon heute, ob all die zusätzlichen Funktionen eines Einkaufszentrums für die Zukunft gegeben sind", sagt Wölfler.

Wohnen auf dem Center

Auch wenn die Steigerung der Aufenthaltsqualität in vielen Zentren als die oberste Maxime gilt: Das Wohnen auf Einkaufszentren, wie es das heute im Wiener Auhofcenter und im Einkaufscenter Milaneo in Stuttgart bereits gibt, wird laut Wölfler wohl eher ein Nischenthema bleiben. Einerseits weil das genehmigungstechnisch mitunter schwierig ist. "Und die Frequenz und der Lärm eines Einkaufszentrums sind ein natürlicher Widerspruch zum Wohnen." (Franziska Zoidl, 24.5.2018)