Im Vorjahr ist Dadic in Götzis angetreten und 24. geworden. Danach stieß sie als WM-Sechste und Hallen-WM-Zweite in die Weltspitze vor.

Foto: APA/EXPA/PETER RINDERER

So, sagt Konrad Lerch, "so kann man das höflich formulieren." Nämlich wie? "Dass es das noch nicht gegeben hat." Nämlich was? "Eine solche Absage." Nämlich welche? "Eine solche Absage der besten österreichischen Mehrkämpferin."

Die Absage von Ivona Dadic (24), das lässt sich sagen, hat in Götzis, wo am Wochenende das traditionelle Hypo-Mehrkampfmeeting steigt, ordentlich Staub aufgewirbelt. Die Hallen-Vizeweltmeisterin tritt lieber erst in Ratingen (16./17. Juni) bei Düsseldorf an. Großes Saisonziel der Oberösterreicherin ist ohnedies die EM Anfang August in Berlin. Götzis, heißt es, habe nicht in den Aufbau gepasst. Ähnliches mag für Dominik Distelberger gelten, den besten heimischen Zehnkämpfer. Der 28-Jährige allerdings machte Achillessehnenprobleme geltend und gab via Instagram an: "Götzis kommt leider etwas zu früh, um dort eine ansprechende Leistung zu zeigen."

Verständnis

Konrad Lerch, der Götzis gemeinsam mit drei anderen honorigen Herren (Werner Ströhle, Armin Hug, Elmar Oberhauser) 1975 aus der Taufe gehoben und 36 Jahre lang (bis 2011) organisiert hat, weiß Bescheid. "Distelberger hat Beschwerden, das muss man akzeptieren", sagt er. "Aber bei Dadic wundere ich mich schon darüber, dass sie auf die Einladung einfach nicht geantwortet hat. In Götzis hat man von der Absage aus der Zeitung erfahren."

Dadic hätte Götzis laut Lerch auch als Standortbestimmung deklarieren oder sich auf die eine oder andere Disziplin konzentrieren können. Das wiederum sieht Helmut Baudis, Generalsekretär des Leichtathletikverbands (ÖLV), ein wenig anders. "Es ist natürlich schade, dass sie Götzis auslässt", sagt er, äußert aber Verständnis. "Das Niveau dort ist extrem hoch. Als Vize-Weltmeisterin hat sie den Anspruch und auch den Ehrgeiz, ganz vorne mitzumischen. Wenn sie mitten im Training steht, ist ihr das aber nicht möglich."

Termine und Beschwerden

Dadic-Trainer Philipp Unfried ergänzt: "Die Hallen-WM war heuer ziemlich spät, da geht sich ein guter Aufbau für Götzis kaum aus. Viele, die bei der WM gut abgeschnitten haben, verzichten diesmal auf Götzis." Statt in Götzis wollte Dadic am Samstag bei der Kurpfalz-Gala, einem Sprintmeeting in Weinheim in Baden-Württemberg, starten und auf ihre 200-m-Bestmarke (24,11) losgehen. Am Donnerstag entschied sie, auch auf Weinheim zu verzichten, weil sie an leichten Rückenbeschwerden laboriert. So absolviert sie am 31. Mai in St. Pölten ihre nächsten Auftritte, Weitsprung und Hürdensprint sind eingeplant.

"Ich bin Götzis nicht böse", sagt Unfried. Er will "nicht Öl ins Feuer gießen" und geht deshalb nur kurz auf den Vorwurf ein, man habe die Götzis-Einladung nicht beantwortet. "Den Veranstaltern würde auch kein Zacken aus der Krone fallen, würden sie eine zweizeilige persönliche Nachricht schreiben." Dann wäre die Absage noch schwerer gefallen. Unabdingbar sei der Verzicht gewesen, sagt Unfried. "Würde Götzis nicht in Österreich, sondern in Deutschland liegen, hätten wir keine Sekunde lang geredet."

Die Lücke schließen

Ein Startgeld zu verlangen, kam Dadic laut Unfried nie in den Sinn. Götzis zahlt traditionell keine Antrittsprämie, lobt aber gutes Preisgeld aus, Siege bringen 30.000 US-Dollar. Auch das lockt Weltklassefelder, die vom Olympiadritten Damian Warner aus Kanada sowie von Olympiasiegerin und Weltmeisterin Nafissatou Thiam aus Belgien angeführt werden.

Trotz der Dadic-Absenz ist ein ÖLV-Damentrio dabei: Verena Preiner, Sarah Lagger, Andrea Obetzhofer. Für Dadic ist "die Lücke nach vorne immer kleiner geworden", sagt Unfried. Jetzt geht es darum, die Lücke zu schließen. Nämlich wann? Im August? Nämlich wo? Bei der EM in Berlin. (Fritz Neumann, 24.5.208)