Österreichs Offensive um Marko Arnautovic bescherte DFB-Keeper Manuel Neuer einen arbeitsintensiven Abend bei seinem Comeback.

Foto: APA/EXPA/JOHANN GRODER

Klagenfurt – Teamchef Franco Foda ist nach dem historischen 2:1-Sieg gegen Weltmeister Deutschland am Samstagabend in Klagenfurt um Bodenhaftung bemüht gewesen. "Wir sollten jetzt nicht durchdrehen", warnte der Deutsche nach dem siebenten ÖFB-Sieg in Serie, dem ersten gegen Deutschland seit 32 Jahren.

Party on!

"Es ist ein schöner Moment. Aber wir müssen bodenständig bleiben, demütig bleiben", sagte Foda. "Der Fußball ist schnelllebig." Bei seinen Spielern macht er sich diesbezüglich keine Sorgen. "Die Jungs sind klar im Kopf." Der Fokus liegt auf den nächsten Aufgaben. Es geht darum, auch in der im Herbst beginnenden Nations League und in der folgenden EM-Qualifikation erfolgreich zu sein.

Löw gelassen

Erfolge wollen und brauchen auch die Deutschen, die in wenigen Tagen bei der WM in Russland in die Mission Titelverteidigung starten. Trotz der Niederlage und der eher matten Darbietung bleibt Joachim Löw gelassen. "In zwei Wochen wird die Mannschaft ganz anders präpariert sein. Ich werde jetzt keine schlaflosen Nächte verbringen. Keine Sorge", sagte der deutsche Bundestrainer nach der 1:2 (1:0)-Niederlage in Klagenfurt.

Joachim Löw (re.) hat noch viel Arbeit mit dem DFB-Team vor sich.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Löw räumte nach der "eigenverschuldeten Niederlage" allerdings ein, dass sich seine Mannschaft gewaltig steigern muss. "Wenn wir so spielen, haben wir in Russland keine Chance", sagte Löw, der aber betonte: "Wir lassen uns nicht verrückt machen und bleiben ruhig."

Lichtblick Neuer

Für Löw gab es auch einen Lichtblick: Kapitän Manuel Neuer hat nach 259 Tagen Verletzungspause eine gute Rückkehr gefeiert. "Das war ein sehr zufriedenstellendes Comeback. Er hat in einigen Situationen sehr gut reagiert, er war reaktionsschnell. Man hat ihm die Pause nicht angemerkt", sagte Löw. Einer Nominierung Neuers in den endgültigen WM-Kader dürfte damit nichts mehr im Weg stehen.

Für WM-Zuschauer Österreich geht es indes darum, das unter Foda getankte Selbstvertrauen zu konservieren. Marko Arnautovic hat nach der eindrucksvoll absolvierten Bewährungsprobe für die Zukunft der Nationalmannschaft ein gutes Gefühl. Auf dem Level der Deutschen sei man zwar trotz des Sieges noch nicht. "Aber wir sind auf einem guten Weg", meinte Arnautovic. "Wir sind am reifen."

EM 2020 als Ziel

Fünf Siege hat die ÖFB-Auswahl in fünf Spielen unter Teamchef Franco Foda geholt. "Wir können trotzdem noch sehr viel an uns arbeiten", sagte Arnautovic. "Aber wenn wir so weitermachen, denke ich, werden die nächsten Turniere gut ausschauen für uns." Die EM-Teilnahme 2020 ist das erklärte Ziel.

Den Erfolg gegen Deutschland will sich der 29-Jährige nicht kleinreden lassen. "Es gibt Leute, die sagen, Deutschland hat nicht mit der ersten Elf gespielt, die sagen, die Deutschen haben vielleicht nicht mit 100 Prozent gespielt, die wollen sich nicht verletzen. Aber es sind trotzdem die Deutschen", betonte Arnautovic. "Trotzdem sind Spieler am Platz gestanden, die Weltklasseniveau spielen."

Erfolgreiches Pressing

Österreich setzte ihnen vor allem in der zweiten Hälfte mit Pressing zu. "Ich glaube, dass Deutschland trotzdem immer noch Favorit ist bei der WM", meinte Arnautovic. Der West-Ham-Stürmer war vor dem Spiel wegen eines am Mittwoch gegen Russland (1:0) erlittenen Schlages auf das Schienbein fraglich gewesen. Er spielte trotz Tabletteneinnahme unter Schmerzen und bekam neuerlich etwas ab. "Ich kann mit Schmerzen umgehen", versicherte der Wiener.

Nun haben Arnautovic und Co. drei Tage Zeit sich zu entspannen. Am Sonntag (10. Juni) wollen sie in Wien auch gegen Brasilien überraschen. Für die Brasilianer wird es das letzte Testspiel vor der WM in Russland.

Nächster Gegner Brasilien

"Wir haben viele Siege im Rücken. Natürlich kommt Brasilien, das wird noch einmal ein richtiger Härtetest für uns", meinte Martin Hinteregger. "Aber wir wollen genauso auftreten wie den Großteil des Spiels, vor allem in der zweiten Hälfte. Wenn wir das schaffen, wird es wieder etwas ganz Gutes werden für uns."

Hinteregger selbst hatte gegen Deutschland die Wende eingeleitet. Sein sensationelles Volley-Tor brachte das Stadion in Klagenfurt nach 0:1-Rückstand zum Beben. "Ich hoffe, dass wir das auch gegen Brasilien in Wien erleben, und dann in der Nations League, und dass wir wieder so eine richtige Euphorie entfachen, wie sie schon einmal war", erinnerte der Kärntner an die erfolgreiche EM-Qualifikation für 2016.

Flexibler Schöpf

Beim Turnier in Frankreich war Alessandro Schöpf Österreichs einziger Torschütze gewesen (beim 1:2 gegen Island). Nun hat der Tiroler auch ein Siegestor gegen Deutschland auf seiner Visitenkarte stehen. Am Mittwoch gegen WM-Gastgeber Russland hatte der 24-Jährige das ÖFB-Team als defensivster linker Mittelfeldspieler zum Erfolg geschossen (1:0), gegen die Deutschen als offensivster rechter. "Mir ist es scheißegal, wo ich spiele. Wichtig ist, dass ich spiele und der Mannschaft helfen darf", betonte Schöpf.

Aleksandar Dragovic und Stefan Lainer stellten sich als erste Gratulanten bei Siegestorschütze Alessandro Schöpf ein.

Vier Tore hat er in 17 Länderspielen erzielt. Bei allen fünf Siegen unter Foda ist der Allrounder zum Einsatz gekommen. "Ich glaube, dass wir eine unglaubliche Mentalität innerhalb der Mannschaft haben", sagte Schöpf über das Erfolgsgeheimnis. Selbst jedes Trainingsspiel möchte jeder Spieler immer für sich entscheiden. "Das übertragen wir dann auch ins Spiel. Ich glaube, dass das der Schlüssel zum Erfolg ist."

Beim bisher letzten Duell mit den Brasilianern 2014 in Wien (1:2) reichte es nicht für einen Achtungserfolg. Den soll es vier Jahre später geben. Wer den Weltmeister besiegt, kann auch den Rekordchampion fordern. Aleksandar Dragovic: "Wir werden uns so gut wie möglich vorbereiten auf Brasilien und, wenn möglich, wieder eine Überraschung machen." (APA, sid, red, 3.6.2018)