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Starbucks-Chef Howard Schultz hat sich mit seinen öffentlichen Aussagen nicht immer beliebt unter Trump-Fans gemacht.

Foto: Reuters/David Ryder

Es komme ihm so vor, als sei es erst gestern gewesen, dass er zum ersten Mal über die Türschwelle des Ladens am Pike Place lief, schrieb Howard Schultz in einem Brief an seine Beschäftigten. Auf dem Pike Place Market in Seattle begann 1971 die Firmengeschichte, und als Schultz das erste Café der damals noch sehr überschaubaren Kette betrat, wusste jenseits von Seattle kaum jemand etwas anzufangen mit dem Namen Starbucks. Damals kam das Unternehmen auf elf Filialen. Heute sind es 28.000, verteilt auf 77 Länder.

Am Montag gab er seinen Rücktritt bekannt, der Mann, der den Erfolg begründete, indem er seinen Landsleuten statt dünner oder bitterer Brühe ordentlichen Kaffee anbot. In einem Anflug von Nostalgie warf er einen Blick zurück auf die "Reise seines Lebens", zu der er seinerzeit auf dem Pike-Place-Markt aufgebrochen sei. Was die Amerikaner indes brennender interessiert, ist der Blick nach vorn. Da wäre die Frage, ob der gebürtige New Yorker beim nächsten Präsidentschaftsvotum antritt, um Donald Trump die Stirn zu bieten. Dem Nationalisten im Oval Office, über den er nicht viel Gutes zu sagen hat. Mit seiner Rhetorik, klagte er neulich bei CNN, habe der Präsident Leuten, die seine Sprache kopieren wollten, einen Freibrief ausgestellt.

Gerüchteküche brodelt

Schon vor der Wahl im Jahr 2016 war Schultz als Anwärter fürs Weiße Haus gehandelt worden, was nicht weiter überraschte, scheint es doch zu den ungeschriebenen Regeln amerikanischer Wahlen zu gehören, über die Bewerbung milliardenschwerer Geschäftsleute zu spekulieren. Mit Blick auf 2020 brodelt die Gerüchteküche schon jetzt. Trumps Coup lässt nun auch die Demokraten darüber diskutieren, ob sie nicht mit Personal aus der Welt des Business kontern sollten.

Hightech-Unternehmer Mark Cuban ist ebenso im Gespräch wie die Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey, die zwar schon dementierte, aber offenbar nicht energisch genug, als dass das Kapitel bereits beendet wäre. Nun gilt auch Schultz, zum zweiten Mal, als Aspirant im Wartestand. Und diesmal beflügelt er die Fantasie eher noch, statt abzuwinken.

"Ich denke über eine ganze Reihe von Optionen nach, von der Philanthropie bis hin zu einem öffentlichen Amt", schrieb Schultz in seinem Brief. In einem Interview mit der New York Times sprach er von den Sorgen, die er sich um die Republik mache. Von der zunehmenden Spaltung daheim und Amerikas lädiertem Ansehen in der Welt. Im nächsten Lebensabschnitt wolle er herausfinden, "ob es eine Rolle gibt, die ich spielen kann, um dem Land etwas zurückzugeben". Das klang schon eher nach "Howard Schultz 2020", auch wenn der 64-Jährige sagte, er wisse noch nicht genau, welche Rolle dies sein könnte.

"Haben Verantwortung"

Wo er politisch steht, daraus hat der Sohn eines Lastwagenfahrers, aufgewachsen in einer Sozialwohnung in Brooklyn, nie ein Geheimnis gemacht. "Dies ist nicht die Zeit, Mauern zu bauen. Dies ist die Zeit, Brücken zu bauen", wandte er sich erst im Mai, in einem Forum des Thinktanks Atlantic Council, gegen Trumps Abschottungspläne. "Wir haben die enorme Verantwortung, den Status quo des Mangels an Würde und Respekt zu überwinden, statt ihn zu akzeptieren." Die Steuersenkungen der Republikaner kritisierte er wegen der damit einhergehenden Haushaltsdefizite, die zulasten der jungen Generation gingen. Trumps Dekrete zur Beschränkung der Aufnahme von Flüchtlingen beantwortete er, indem er ankündigte, weltweit zehntausend Flüchtlinge einstellen zu wollen.

Darüber hinaus inszenierte sich Schultz stets als ein Unternehmer, der das Streben nach Gewinn mit sozialem Gewissen verbindet. Auch Teilzeitbeschäftigte sind bei Starbucks krankenversichert, was in den USA nicht die Norm ist. Wer neben dem Beruf einen Hochschulabschluss machen will, dem werden die Studiengebühren an der Arizona State University bezahlt. Zuletzt ist der Konzern aber durch eine haarsträubende Episode in einem Café in Philadelphia ins Gerede gekommen. Zwei Afroamerikaner, die auf einen Geschäftspartner warteten und die Toilette benutzen wollten, ohne etwas bestellt zu haben, wurden abgeführt, die Hände mit Kabelbindern zusammengebunden. Die Wogen der Empörung, die dem Zwischenfall folgten, versuchte Schultz zu glätten, indem er einen Schulungstag anberaumte. Nun soll wieder klar sein: Kunden sind gleichzubehandeln, egal, welche Hautfarbe sie haben. (Frank Hermann, 5.6.2018)