Ob der Neue, Herbert Eibensteiner (im Bild), den Politikern ebenfalls gelegentlich die Leviten lesen wird, ist noch offen. Wolfgang Eder hielt jedenfalls mit seiner Meinung selten hinter dem Berg.

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Stahl ist quasi viel Eisen. Dass daraus Teile für E-Autos und Flugzeuge werden, dafür ist viel Know-how nötig. Als "no typical steel company" haben die Linzer ihre Hausaufgaben gemacht.

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Ein bisschen überraschend kommt es nun doch: Die Voestalpine bekommt einen neuen Konzernchef. Wolfgang Eder gibt nach 15 Jahren an der Spitze des österreichischen Stahlkonzerns mit weltweit 50.000 Mitarbeitern die Führung ab.

Allgemein wurde eher damit gerechnet, dass der 66-Jährige, dessen Mandat im Juli 2019 ausläuft, noch eine Periode dranhängt. Im ORF-Radio sagt der studierte Jurist, der mehr als 41 Jahre im Konzern gearbeitet hat, "man muss wissen, wann Schluss ist. Jetzt ist Zeit, das Feld für Jüngere zu räumen." Der Jüngere, der ihm nachfolgen wird, ist der bisherige Vorstand der Stahldivision, der größten Einheit des Konzerns, Herbert Eibensteiner.

Klasse statt Masse

Einen Strategiewechsel erwarten Beobachter mit der Berufung des 54-Jährigen nicht. Auch wenn der angekündigte Wechsel an der Börse nicht eben euphorisch angenommen wurde, große Brüche sind nicht zu erwarten. Eibensteiner, studierter Maschinenbauingenieur, verspricht Kontinuität. Er wird den Kurs, auf Klasse statt auf Masse zu setzen, fortführen. Ob Wasserstoff als möglicher Werkstoff der Zukunft dabei eine Rolle spielen wird, ist offen. "Kontinuierliche Weiterentwicklung ist derzeit angesagt, dazu gehört es, weitere Nischen zu finden", sagt Roland Neuwirth, Fondsmanager bei Salus Alpha und langjähriger Beobachter der Linzer.

Eibensteiner, ebenfalls ein Voest-Urgestein, ist seit 30 Jahren im Konzern. Er soll ab 3. Juli 2019 dessen Geschicke leiten. Wollen und wählen ihn die Aktionäre, soll Eder dann in den Aufsichtsrat wechseln. Den Sanktus von Aufsichtsratschef Joachim Lemppenau hat er. Der Aufsichtsrat habe Eders Entscheidung, künftig nicht mehr als Vorstandschef zur Verfügung zu stehen, mit Bedauern zur Kenntnis genommen, lässt Lemppenau verlauten. Der Hauptversammlung 2019 werde man empfehlen, Eder als neuen Vertreter in das Kontrollgremium zu wählen. Nach einer zweijährigen Cooling-off-Phase könnte Eder dann von Lemppenau den Aufsichtsratsvorsitz übernehmen. Er "übergebe ein sehr gut bestelltes Unternehmen", sagt Eder im ORF-Radio ganz unbescheiden und gewohnt selbstbewusst.

Wertzuwachs

"Stimmt", bestätigt Fondsmanager Neuwirth. "Was die Profitabilität betrifft, haben die Linzer viele andere Stahlfirmen hinter sich gelassen." Tatsächlich ist der Marktwert beträchtlich gestiegen. War der deutsche Stahlriese Thyssenkrupp vor 20 Jahren wertmäßig fünfmal so groß wie die Voest, ist diese nun mit einer Marktkapitalisierung von 7,7 Milliarden Euro den deutschen mit 14,3 Milliarden auf die Pelle gerückt.

Technologisch immer vorn dabei zu sein liege zwar in den Genen der Voest – Stichwort Linz-Donawitz-Verfahren -, am Ende habe Eder aber ein gutes Händchen bei dem vor zwanzig Jahren von seinen Vorgängern ausgerufenen Wandel vom Stahlkocher zum Spezialitätenhersteller bewiesen. "Wir wollen nicht mehr Stahl erzeugen, sondern mehr aus Stahl machen." Was Eder regelmäßig wie einen Refrain in seine Präsentationen einflocht, wurde im Jahr 2001 vom damals neuen (Kurzzeit-)Chef Franz Struzl auf Schiene gebracht. Die Weichen Richtung Autobau hat sein Nachfolger, der 2002 verunglückte Peter Strahammer, gestellt.

Als Stahlwerte in Ungnade fielen

Vom Himmel fiel die Idee, dass man besser auf die Verlängerung der Wertschöpfungskette setzt, nicht. Mit Stahlwerten war einst an den Aktienmärkten angesichts der Überkapazitäten kein Staat zu machen. Ein Image- und Strategiewechsel musste her. Auch wenn nicht immer alles gleich Gold war, was Eder anfasste – etwa die hohen Schulden durch die Böhler-Uddeholm-Übernahme oder die gestiegenen Kosten für das Werk in Corpus Christi –, im Endeffekt erwiesen sich die Entscheidungen als richtig. (Regina Bruckner, 5.6.2018)