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Foto: REUTERS/Jose Luis Saavedra

London – Im Jahr 2003 zog ein Seeleopard vor der Küste der Antarktischen Halbinsel die britische Meeresbiologin Kirsty Brown unter Wasser und tötete sie. Der Fall sorgte seinerzeit weltweit für Schlagzeilen – zugleich war es einer der raren Momente, in denen die Spezies überhaupt ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rückte. Obwohl die Tiere in südpolaren Gewässern weit verbreitet sind, ist das Wissen über Seeleoparden (Hydrurga leptonyx) immer noch recht gering.

Eine neue Studie des British Antarctic Survey, die im Fachjournal "PLOS One" veröffentlicht wurde, bringt nun ein bisschen Licht ins Dunkel. Mit Sonden, die die Aktivitäten der Tiere aufzeichneten, konnten die Forscher um Iain Staniland Erkenntnisse über den jahreszeitlichen Zyklus gewinnen, in dem die räuberischen Robben von Region zu Region wandern.

Vielseitige Jäger

Seeleoparden gehören zu den Spitzenprädatoren der Antarktis, betont Staniland. Mit ihrem kräftigen Gebiss können die bis zu vier Meter langen und 300 bis 400 Kilogramm schweren Tiere nicht nur Fische, sondern auch andere Robben und vor allem Pinguine erbeuten. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen auf ihr Ökosystem: Pinguinkolonien können von ihnen regelrecht dezimiert werden – 2009 etwa wurde in einer Studie dokumentiert, wie Seeleoparden ganze 15 Prozent einer Kolonie von Eselspinguinen auffraßen.

Zugleich weisen die Backenzähne von Seeleoparden ein Röhrensystem auf, das es ihnen bis zu einem gewissen Grad ermöglicht, Kleinlebewesen wie Krill aus dem Wasser zu filtern – sie sind also ausgesprochen vielseitig. Bei ihren Wanderungen kommt ihnen dies offenbar zugute.

Zwischen 2003 und 2012 versahen die britischen Forscher 31 Seeleoparden mit Sonden, die einerseits den Tag-Nacht-Wechsel aufzeichnen und andererseits über Sensoren verfügen, mit denen sich feststellen lässt, ob die Tiere trocken oder nass – also an Land oder im Wasser – waren. Der Nachteil der Geräte, die mit Langzeit-Batterien ausgestattet sind: Sie enthalten keine Sender, müssen also nach einiger Zeit wieder eingesammelt werden, wenn man den Träger wiederfinden und betäuben kann. Immerhin bei fünf Tieren gelang dies.

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Foto: AP Photo/Mark Baker

Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Seeleoparden nur etwa 31 Prozent ihrer Zeit außerhalb des Wassers verbringen – mit ein Grund, warum man ihnen nur schwer auf die Fährte kommt. Allerdings wechselt die Zeitspanne mit den Jahreszeiten, wie sich auch das Verhalten der Tiere insgesamt ändert.

Während des antarktischen Sommers schwimmen sie in den Gewässern vor der antarktischen Küste, wo sie sich von Fischen und Krill ernähren. Außerdem ist dann Paarungszeit. Wenn es wieder kälter wird und sich die Eisflächen um die Antarktis ausdehnen, weichen sie Richtung Norden aus. Dann halten sie sich in flachen Meeresgebieten rund um die Inseln auf, die der Antarktis vorgelagert sind. Nun geht es vor allem Pinguinen und Robben an den Kragen.

Foto: John Dickens, British Antarctic Survey

Die Studie ist ein weiterer kleiner Schritt auf dem Weg, die Lebensweise dieser wenig bekannten Robbe zu enträtseln, die dennoch eine überaus wichtige Rolle im antarktischen Ökosystem spielt. Nicht zuletzt werden die Daten über die durchschnittliche Verweildauer an Land und im Wasser Forschern dabei helfen, aus einzelnen Seeleoparden-Sichtungen besser hochrechnen zu können, wie groß die Bestände tatsächlich sind. Denn auch hier ist man bisweilen weitgehend auf Schätzungen angewiesen. (jdo, 8. 6. 2018)