Foto: Pamela Jaafar / Filmladen

Zur Verleihung zur des Silbernen Verdienstszeichen der Stadt Wien rückte er 2005 mit einer Klobürste an. Damit musste man rechnen, wenn man Stefan Weber mit Insignien der bürgerlichen Gesellschaft konfrontierte. Denn Stefan Weber wählte für sich die Seite des Provokateurs. Das war sein Lebensinhalt, dem gab er sich mit heiterer Besessenheit hin.

Der 1946 geborene Wiener gründete 1969 die Band Drahdiwaberl. Schon der Name war ein Angriff gegen das System: Drahdiwaberl steht für "Dreh dich Weibchen" und war als umgangsprachlicher Begriff für Opportunisten in Gebrauch.

"Extremste Band des Landes"

Weber war damals Student an der Akademie der Bildenden Künste und von den Grenzüberschreitungen des Wiener Aktionismus angetan. So etwas wollte er auch machen, mit Musik. Weber wollte Drahdiwaberl, wie er sagte, "zur extremsten und obszönsten Band des Landes machen". Mission erfüllt.

Bei Konzerten der Formation wurde geschnackselt, in Essen gebadet und im Dreck geduscht. Der Einsatz von Polizeiuniformen als Bühnengarderobe sorgte beständig für Probleme mit der untersten Obrigkeit, bekannte Musiker wie Falco oder die Jazz Gitti waren einst Mitglieder bei Drahdiwaberl.

Lodenfreaks – ein Fressen für Stefan Weber und seine Drahdiwaberl.
Egon Liebhaber

Weber attackierte in seiner Musik das in der verbohrten Nachkriegsmoral verfangene Spießertum, er verarschte Politiker, eckte an, wo er nur konnte. Musikalisch übermittelte er das mit hartem Rock, die Band wird gern als Vorläufer des heimischen Punk genannt.

Wie für jede gelungene Provokation bedarf es dafür eines gescheiten, reflektierten Menschen. Das war Weber, selbst wenn seine öffentlichen Auftritte das hinter einem Aktionismus versteckten, über den sich jene erregten, die sich lieber zehn Mal aufpudeln, als zu einmal zu denken.

Konzerte mit Happening-Charakter

Dementsprechend war Weber immer gut ausgelastet. Mit Drahdiwaberl veröffentlichte er zwischen 1981 und 2004 sieben Studio- und mehrere Livealben und Kompilationen.

Vor allem die Live-Reputation der Band verhalf ihr zu einer ergebenen Gefolgschaft. Die Konzerte besaßen Happening-Charakter. Es regnete Ketchup und Bier, ejakuliert wurde mit Schlagobers, bevor ein Flächenbombardement mit Mehl dafür sorgte, dass die örtliche Putzerei tags darauf gut ausgelastet war.

Ein Klassiker: Plöschberger von Drahdiwaberl. Weber brachte dafür seine bürgerliche Expertise als Kunstprofessor mit.
Chris Bauer

Weber verarschte "Lodenfreaks", vertraute auf "Torte statt Worte" oder gebar den "Sperminator". Neben der Musik hatte er Auftritte in TV-Serien wie Kottan ermittelt, dem Kaisermühlen Blues, Trautmann oder CSI Meidling.

Präsident Weber

2004 überlegte er kurz, zur Bundespräsidentenwahl anzutreten, eine Umfrage auf Standard.at ergab eine Zustimmung von 30 Prozent. 2106 erschien die Doku Stefan Weber heißt das Schwein von Amor Schläggen, die Weber adäquat würdigte.

2000 wurde er nach einer Parkinson-Diagnose frühpensioniert, aber erst in den letzten Jahren wurde es ruhiger um ihn. Mit ihm verliert Österreich einen renitenten Querdenker, einen, der nicht nur Salz in offenen Wunde streute, sondern gleich ein ganzes Sackerl davon – und noch draufspuckte, damit es richtig brennt. Stefan Weber wurde 71 Jahre alt. (Karl Fluch, 8.6.2017)