Zur Verleihung des Silbernen Verdienstszeichens der Stadt Wien rückte er 2005 mit einer Klobürste an. Damit musste man rechnen, gedachte man Stefan Weber mit Insignien der bürgerlichen Gesellschaft zu behängen. Denn Weber wählte für sich die Seite des Provokateurs. Das war sein Leben, dem gab er sich mit heiterer Besessenheit hin.

Der 1946 geborene Wiener gründete 1969 die Band Drahdiwaberl. Schon der Name war ein Angriff gegen das System: Drahdiwaberl steht für "Dreh dich Weibchen" und war als umgangsprachlicher Begriff für Opportunisten in Gebrauch.

"Extremste Band des Landes"

Weber war damals Student an der Akademie der bildenden Künste und von den Grenzüberschreitungen des Wiener Aktionismus angetan. So etwas wollte er auch machen, mit Musik. Weber wollte Drahdiwaberl, wie er sagte, "zur extremsten und obszönsten Band des Landes machen". Mission erfüllt.

Bei Konzerten der Formation wurde geschnackselt, in Essen gebadet und im Dreck geduscht. Der Einsatz von Polizeiuniformen als Bühnengarderobe sorgte beständig für Probleme mit der untersten Obrigkeit, bekannte Musiker wie Falco oder die Jazz Gitti standen einst an Webers Seite.

Der attackierte in seiner Musik die Nachkriegsmoral und das Spießertum, verarschte Politiker und eckte an, wo er nur konnte. Musikalisch übermittelt wurde seine Mission von hartem Rock, das Tun der Band wird zudem als Ideengeber für den heimischen Punk eingeschätzt.

Gescheiter Provokateur

Für jede gelungene Provokation bedarf es eines gescheiten, reflektierten Menschen. Das war der Kunstprofessor Weber, selbst wenn seine öffentlichen Auftritte das hinter einem Aktionismus versteckten, über den sich jene erregten, die sich lieber zehnmal aufpudeln, als einmal zu denken.

Konzerte mit Happening-Charakter

Dementsprechend war Weber immer gut ausgelastet. Mit Drahdiwaberl veröffentlichte er zwischen 1981 und 2004 sieben Studio- und mehrere Livealben und Kompilationen.

Vor allem die Live-Reputation der Band verhalf ihr zu einer ergebenen Gefolgschaft. Die Konzerte besaßen Happening-Charakter. Es regnete Ketchup und Bier, ejakuliert wurde mit Schlagobers, bevor ein Flächenbombardement mit Mehl dafür sorgte, dass die örtliche Putzerei tags darauf gut ausgelastet war.

Als herzhafter Anarchist verarschte er "Lodenfreaks", vertraute auf "Torte statt Worte" oder gebar den Begriff "Sperminator". Als Schauspieler hatte er Auftritte in TV-Serien wie Kottan ermittelt, dem Kaisermühlen Blues, Trautmann oder CSI Meidling.

Präsident Weber

2004 überlegte er kurz, zur Bundespräsidentenwahl anzutreten, eine Umfrage auf derStandard.at ergab eine Zustimmung von 30 Prozent. Vor zwei Jahren erschien die Doku Stefan Weber heißt das Schwein von Amor Schläggen, die sein Sujet adäquat würdigte.

2000 wurde er nach einer Parkinson-Diagnose frühpensioniert, aber erst in den letzten Jahren wurde es ruhiger um ihn. Mit ihm verliert Österreich einen renitenten Querdenker, einen, der nicht nur Salz in offene Wunden streute, sondern gleich ein ganzes Sackerl davon – und noch draufspuckte, damit es ordentlich brennt. Stefan Weber wurde 71 Jahre alt. (Karl Fluch, 8.6.2017)