Musik wird nachgesagt, als universelle Sprache zu funktionieren. Eine schöne Idee, die längst dazu geführt hat, dass Popmusik Formeln entwickelt hat, die weltweit auf Zuspruch stoßen. Ein Popowackelrhythmus, ein paar allseits verständliche Laute der Hingabe – "ooh", "aah" -, schon fertig.

Eingedenk des Umstandes, dass ein sportlicher Wettkampf wie die Fußball-WM das Gemeinsame zumindest vor dem Strafraum über das Trennende stellen sollte, vertraut das offizielle Fußball-WM-Lied 2018 einem solchen Muster. Das Lied heißt Live It Up, und man wird es im nächsten Monat öfter hören. Es tut auch gar nicht weh, ist ein Stück, das man schon kennt, selbst wenn man es zum ersten Mal hört. Es soll bloß funktionieren, nicht irritieren.

Produziert hat es Nicky Jam, der Schauspieler und Nebenerwerbsrapper Will Smith steuert ein paar Zeilen bei, die Kosovarin Era Istrefi tut dasselbe – total völkerverbindend.

"Live It Up – Nicky Jam feat. Will Smith & Era Istrefi"
NickyJamTV

Anders als der österreichische Fußball ist das Lied im Uptempo angesiedelt. Es verhaspelt sich nicht, sondern stürmt geradlinig in drei Minuten durch unsere Aufmerksamkeit. Die kann auf Stand-by bleiben, Live It Up ringt uns keine besondere Anteilnahme ab, verliert man bei den paar Einzeilern tatsächlich den Faden, versäumt man nicht wahnsinnig viel. Ohne Spoileralarm auszulösen, darf man sagen, Live It Up geht am Schluss zu Ende.

Wer aus Respekt vor dem Gastgeberland extra Russisch gelernt hat, wird vielleicht enttäuscht sein, denn Sprachbarrieren überbrückt es mit dem Einsatz des Englischen sowie den erwähnten "Aahs" und "Oohs". Diese lassen sich im Stadion ebenso eloquent mitsingen wie in den promilleschwangeren Fanzonen.

Live It Up vermittelt Sportlichkeit und Tatendrang. Eine Eigenheit, die an den Tresen der Fifa umsatzmäßig zu Buche schlagen sollte, da Durst ein ebenso eiliges Geschäft ist, wie jenes Geschäft, zu dem eine volle Blase im Anschluss nötigt. Und sogar dort, im WC, wird das Loblied auf die WM ertönen. Wenn Fans bei der Erleichterung ein zufriedenes "Aah" oder "Ooh" entfährt. (Karl Fluch, 9.6.2018)