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Innenminister Herbert Kickl (FPÖ, im Bild links) und BVT-Chef Peter Gridling behaupten, ein "professionelles Verhältnis" aufgebaut zu haben.

Foto: Reuters/Bader

Ende Mai ging es plötzlich Schlag auf Schlag: Die Suspendierung von Verfassungsschutzchef Peter Gridling wurde vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben, eine Woche später verkündete Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) den "Tag eins eines neuen Staats- und Verfassungsschutzes" – mit Gridling an der Spitze. Er solle eine Reform des Nachrichtendienstes leiten. In der Woche zwischen der Aufhebung seiner Suspendierung und der gemeinsamen Pressekonferenz hatten Kickl und Gridling wieder zu einem "professionellen Verhältnis" gefunden, hieß es. Doch hinter den Kulissen prüfte das Innenministerium offenbar, ob es den Verfassungsschutzchef erneut suspendieren lassen kann.

Das geht aus einem Aktenvermerk hervor, der STANDARD und "Profil" vorliegt. So meldete sich am 23. Mai, also einen Tag nach Bekanntwerden der Aufhebung der Suspendierung, der Personalleiter im Innenministerium bei der Staatsanwältin Ursula Schmudermayer, die das strafrechtliche Verfahren gegen Gridling und Kollegen führt. Der Beamte wollte wissen, ob die Staatsanwaltschaft neue Akten übermitteln könne, um "zu prüfen, ob allenfalls eine neue Suspendierung auszusprechen sei". Zwar hatte die Staatsanwaltschaft bereits am 26. April Akten an das Innenministerium geschickt, doch vielleicht habe sich in der Zwischenzeit etwas getan. Das Innenministerium erklärte auf eine Anfrage hin, dass es sich hierbei um ein normales Prozedere handle und der Dienstgeber zu solchen Handlungen verpflichtet sei.

Gridling nach wie vor im Amt

Die Personalabteilung wurde zumindest bislang nicht fündig – Gridling ist nach wie vor im Amt. Er war Mitte März kurz nach seiner Wiederbestellung als BVT-Chef erstmals suspendiert worden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, ob Gridling wissentlich nichts gegen die widerrechtliche Nichtlöschung von Datensätzen unternommen hat. Das Bundesverwaltungsgericht äußerte heftige Kritik an der Suspendierung Gridlings und sprach von "weltfremden Pauschalisierungen" der Disziplinarkommission.

Die Causa wird die Öffentlichkeit auch in den kommenden Monaten beschäftigen. Schon am Montag gibt es eine Sondersitzung des Nationalrats, in der die Rolle von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) in der BVT-Affäre thematisiert wird. Im Herbst folgt dann der parlamentarische Untersuchungsausschuss, für den die Parlamentsklubs nun erste Akten erhalten haben. Sie liefern einen weiteren Einblick darin, wie die Hausdurchsuchung beim BVT Ende Februar zustande kam und welche Konsequenzen sie hatte.

Heftige Debatten in interner Sitzung

So liegt STANDARD und "Profil" das Sitzungsprotokoll einer am 12. März stattgefundenen Dienstbesprechung im Justizministerium vor, an der neben dem Generalsekretär Christian Pilnacek auch Mitglieder der Oberstaatsanwaltschaft Wien sowie der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) teilnahmen. Pilnacek eröffnet die Besprechung mit den Worten, dass eine direkte Kontaktaufnahme von Peter Goldgruber, seinem Gegenüber im Innenministerium, mit der Staatsanwältin "ein Skandal" sei. Daraufhin erklärt die Leiterin der WKStA, dass Goldgruber ja "als Anzeiger" aufgetreten ist.

"Einmarschieren war wahnsinnig auffällig"

Pilnacek äußert außerdem Kritik an der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft. So ergebe sich "die Dringlichkeit" der Razzia für ihn nicht. "Man hätte Gridling um Informationen im Wege der Amtshilfe ersuchen können", so Pilnacek. Mit der Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität (EGS) "einzumarschieren war wahnsinnig auffällig", kritisiert der Generalsekretär. Die Staatsanwaltschaft erwidert, auf einen Überraschungseffekt gesetzt und eine Vertuschung befürchtet zu haben. Dass der Chef der EGS ein FPÖ-Politiker sei, habe die Staatsanwaltschaft nicht gewusst, heißt es.

Die Sicherstellung von zahlreichen Dokumenten sei nötig gewesen, da BVT-Beamte selbst nicht wussten, welche Inhalte sich auf den zahlreichen Datenträgern befinden. Anschließend diskutieren die Sitzungsteilnehmer noch über die Substanz der Ermittlungen. "Es müsse schon gesagt werden, dass nicht zu ermitteln auch keine Alternative ist", sagt die Leiterin der WKStA. Pilnacek "nimmt dies zur Kenntnis und schließt die Sitzung", so das Protokoll lapidar. (Fabian Schmid, Renate Graber, 9.6.2018)