Nur das Bier fehlt auf diesem Bild: Die klassische Fußball-WM findet für viele unter Einfluss von Alkohol statt.

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Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, vor allem, wenn es um liebgewonnene Routinen geht. Wer Fußball schaut – am Donnerstag beginnt die Fußball-WM –, muss 90 Minuten mehr oder weniger gebannt auf den Bildschirm starren. Mit einem Bier dazu wird alles viel leichter: Jedenfalls dürften sich Fußball, Bier und fettiges Knabberzeug dazu in den Hirnzellen zu einer fixen Verbindung zusammengetan haben.

Die Med-Uni Wien warnt zum Auftakt der Fußball-Weltmeisterschaft vor zu viel Süßem, zu viel Alkohol und zu viel ungesättigten Fettsäuren. Vor allem die hinlänglich beworbenen Limonadengetränke bergen Gefahren. Sie machen nachweisbar dick. Das ist das Ergebnis einer Studie am Zentrum für Public Health der Med-Uni Wien. Zugleich konnte in einer weiteren Studie nachgewiesen werden, dass die Industrie zwischen 2010 und 2017 den Zuckergehalt sowie die Verwendung künstlicher Süßungsmittel in Getränken am österreichischen Markt reduziert hat.

Mehr Wasser rein

"Das gesündeste Getränk ist und bleibt Wasser", betont Maria Wakolbinger, Ernährungswissenschafterin am Zentrum für Public Health der Med-Uni Wien. Wer dennoch nicht auf Geschmack bei Getränken verzichten will, sollte aus gesundheitlicher Sicht Limonaden und Fruchtsäfte mindestens im Verhältnis 1:3 (ein Teil Limonade, drei Teile Wasser) aufspritzen. Ähnliches gilt für den immer beliebter werdenden "sauren Radler" mit Mineralwasser und Bier.

"Ein halber Liter Limonade hat im Schnitt etwas mehr als 200 Kalorien beziehungsweise 18 Zuckerwürfel. Mischt man das im Verhältnis 1:3, sind das demnach bei gleicher Menge nur noch 50 Kalorien beziehungsweise fünf Zuckerwürfel." Gewöhne man sich an gespritzte Getränke, werde sich laut Wakolbinger auch der Geschmack längerfristig umstellen – und damit ein gesundheitlich positiver Effekt einstellen.

Übrigens ist das Fußballschauen auch generell nicht gesund. Wer als "Couchpotato" während der Fußball-WM hunderte Stunden vor dem Fernseher sitzt, lebt auf jeden Fall zu bequem. Jede Stunde Fernsehen pro Tag erhöht, wie der Sozialmediziner Thomas Dorner vor vier Jahren anlässlich der letzten WM erklärte, das Mortalitätsrisiko um vier Prozent. Der intensive TV-Konsum hat diesen Effekt aber langfristig, nicht nur bei Fußballmarathons vor der Glotze.

Aufregung als Herzenssache

Ganz anders ist das laut mehreren Studien bei akuten Herzproblemen während derartiger Großveranstaltungen, vor allem bei der Herzinfarktfrequenz unter den Fans. Im Jahr 2002 hatten Schweizer Kardiologen während der Fußball-WM um 60 Prozent mehr Todesfälle infolge akuter Herzproblem als sonst registriert. Im Dezember 2002 publizierten Wissenschafter im "British Medical Journal" eine Studie, wonach am Tag des Spiels England gegen Argentinien während der Weltmeisterschaft des Jahres 1998 (Achtelfinale) in Großbritannien 25 Prozent mehr Menschen mit Herzinfarkten ins Spital kamen.

Anfang 2008 veröffentlichten Mediziner des Universitätsklinikums München-Großhadern im "New England Journal of Medicine" eine Studie, wonach bei der WM 2006 bei Männern das Risiko für einen tödlichen Herzinfarkt vor dem TV-Schirm auf das 3,26-Fache, bei Frauen immerhin auch noch auf das 1,82-Fache stieg. Die meisten Notfälle ereigneten sich in den zwei Stunden nach Beginn des Spiels, berichteten die Mediziner.

Österreichs Fußballfans zeigten sich 2008 während der Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz allerdings ziemlich infarktresistent. Am 16. Juni jenes Jahres spielte die österreichische Mannschaft im Wiener Ernst-Happel-Stadion gegen Deutschland, kassierte ein 0:1 und verpasste damit den Aufstieg ins Viertelfinale. Zu der Zeit wurden in Wiener Kliniken eher weniger als mehr Patienten mit akutem Herzinfarkt behandelt.

Zu viel Alkohol

Ganz anders sieht es beim Alkohol zu WM-Zeiten aus. Steht das deutsche Team bei Weltmeisterschaften auf dem Platz, häufen sich in Deutschland die Alkoholvergiftungen. Das zeigte eine Analyse der Krankenversicherung DAK für die WM-Turniere 2006 und 2010. Bei Spielen der Deutschen kamen demnach 15 Prozent mehr Patienten mit Alkoholvergiftungen in die Kliniken als an durchschnittlichen Tagen. Während nach Auswertung der Krankenhausdaten an normalen Tagen im Schnitt 40 Alkoholvergiftungen behandelt wurden, waren es bei den Weltmeisterschaftsspielen 46 Fälle pro Tag.

In dieser Untersuchung fanden sich allerdings keine Belege dafür, dass spannende Fußballspiele schlecht für das Herz seien. Im Gegenteil: In den Kliniken wurden laut DAK 20 Prozent weniger Patienten mit der Diagnose Herzinfarkt aufgenommen, wenn die deutsche Mannschaft auf dem Platz stand. (APA, red, 14.6.2018)