Das Arbeiten im Großraumbüro erfordert Verhaltensregeln – etwa dazu, wo telefoniert werden darf.

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Großraumbüros sind modern. Hier sind Bürokonzepte möglich, die Kommunikation und projektweise Zusammenarbeit erleichtern wollen, wird argumentiert. Ganz nebenbei lässt sich, so der Glaube mancher Arbeitgeber, damit im Vergleich zu konventionellen Büros mit kleinteiligen Einheiten Platz und Geld sparen.

Nicht alle, die in einem Großraumbüro sitzen, sind damit glücklich. Denn hier treffen ganz unterschiedliche Befindlichkeiten aufeinander: Der Kollegin ist selbst bei hochsommerlichen Temperaturen kalt, ihr Sitznachbar fühlt sich bei heruntergekühlten 20 Grad am wohlsten. Der eine telefoniert gern lautstark am Platz, der andere braucht zum Arbeiten absolute Stille. Probleme also, mit denen man sich im Einzelbüro nicht herumschlagen musste.

"Im Arbeitsalltag entstehen viele Fragen, die gelöst werden müssen", sagt Matthias Welkens, Bereichsleiter für Ergonomie bei Innovatives Betriebliches Gesundheitsmanagement (IBG). Wo das kleinteilige Büro gegen ein Großraumbüro ausgewechselt wird, brauche es unter anderem Verhaltensregeln für die Mitarbeiter, in denen beispielsweise festgelegt wird, wo telefoniert werden darf. Die Gruppen im Großraumbüro sollten zudem homogen sein, was ihre Tätigkeit angeht, damit das Nebeneinander-Arbeiten funktioniert.

Zonen zum Telefonieren

Und noch etwas stellt er klar: "Ein großer Raum mit Schreibtischen ist kein Großraumbüro. Da müssen auch die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden – und daran scheitert es oft." So braucht es beispielsweise designierte Zonen, in denen Kommunikation und sozialer Austausch möglich sind. Wichtig seien auch Phone Boxes, in die sich auch der erwähnte vieltelefonierende Mitarbeiter für längere Telefonate zurückziehen kann.

Ein weiteres Problem in Büros, etwa in modernen Bürotürmen, sind laut Welkens Blendungen und Spiegelungen, daher brauche es ein entsprechendes Licht- und Blendschutzkonzept. Selbiges gilt für die Lüftung. Dabei sei wichtig, dass auch der Wartungsaufwand getragen wird. Eine Klima- und Lüftungsanlage könne nämlich nur funktionieren, wenn beispielsweise die Filter regelmäßig getauscht werden.

Individualität wichtig

Wobei die modernste Lüftungstechnik nicht alles ist: "In manchen Büros kann man nicht einmal das Fenster kippen. Das behagt vielen nicht", sagt Welkens. Dieser Umstand wirke sich auf die Akzeptanz des Büros aus.

Generell gilt: "Je mehr ich meinen Büroalltag individuell gestalten kann, umso zufriedener werde ich sein", sagt Welkens. "Und mit umso mehr Freude geht man ins Büro."

Wobei das offene Bürokonzept nicht für alle passe, räumt er ein. Gut eignen würde sich ein Großraumbüro beispielsweise für kreative Berufe oder administrative Tätigkeiten. Auch Alexander Fenzl, Büroexperte bei Otto Immobilien, bestätigt das: "Die Nutzung von Großraumbüros ist stark branchenabhängig."

Und auch abhängig von der jeweiligen Immobilie. Ein Großraumbüro sei nämlich nicht in jedem Gebäude möglich, so Fenzl: Neben einer grundsätzlichen strukturellen Eignung, etwa was Trakttiefen und Säulenraster angeht, müsse auch die Haustechnik mitspielen.

Familienfoto auf dem Laptop

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen in puncto Platz – der erste Mitarbeiter braucht acht Quadratmeter, jeder weitere fünf – werden in Österreich laut Welkens "zu 90 Prozent" erfüllt. Allerdings werde immer wieder auch versucht, "zu optimieren".

Ein besonders umstrittener Trend in modernen Büros ist das Desksharing, bei dem Mitarbeiter keinen fixen Arbeitsplatz mehr haben – und diesen Arbeitsplatz daher auch nicht mehr individuell gestalten können. Das Familienfoto, das früher auf dem Schreibtisch stand, könne man aber auch als Begrüßungsbildschirm auf dem Laptop einstellen, meint Welkens.

Ob das Desksharing sinnvoll ist, hänge von der Ausgangssituation ab, sagt Welkens: Für einen Mitarbeiter, der wenige Stunden pro Woche im Büro ist und ansonsten bei Terminen, könnte das Konzept durchaus passen.

Generell empfiehlt Welkens, mehr Dynamik in den Großraum-Büroalltag zu integrieren: Elektrisch verstellbare Schreibtische, an denen auch im Stehen gearbeitet werden kann, seien in modernen Büros heute Standard. Auch Stehungen statt Sitzungen oder Stiegensteigen statt dem Aufzugfahren seien sinnvoll. Die Bewegung müsse aber vom Chef vorgelebt werden, betont der Experte: Wer im verglasten Konferenzraum am Rückengymnastikkurs teilnehme, dürfe von den Kollegen danach nicht schief angeschaut werden. (Franziska Zoidl, 4.7.2018)