Heikle Phase für die Annäherung zwischen Mazedonien und der EU.

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Skopje/Tirana – "Die schmackhafteste Tomate in der Welt! Wir versprechen ein Paket mit mazedonischen Tomaten für den, der den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Mazedonien unterstützt", twitterte der mazedonische Außenminister Nikola Dimitrov. Das scherzhafte Angebot hat einen ernsthaften Hintergrund. Denn die französische Regierung könnte beim EU-Gipfel diese Woche tatsächlich ein Veto gegen den Beginn der Verhandlungen mit Mazedonien und Albanien einlegen.

"Das bedeutet fast den Todesstoß für den Namenskompromiss, den Griechenland und Mazedonien erarbeitet haben", warnt der Leiter des Südosteuropa-Zentrums der Universität Graz, Florian Bieber, vor den weitreichenden Folgen der französischen Politik. Denn in Mazedonien ist im Herbst ein Referendum zu dem Kompromiss geplant. "Und es ist schwer vorstellbar, dass das positiv ausgeht, wenn die Einigung nicht von der EU belohnt wird."

Neues Griechenland

Denn die mazedonische nationalkonservative Opposition hätte dann leichtes Spiel, gegen eine Zustimmung zu dem Namenskompromiss zu mobilisieren, weil sie argumentieren könne, dass trotz der Aufgabe von Identitätssymbolen nichts weitergehe.

"Das wäre ein Tiefschlag für die Reformpolitik auf dem Balkan", sagt Bieber. "Frankreich wäre das neue Griechenland für Mazedonien." Denn das südosteuropäische Land, das seit 2005 Beitrittskandidat ist, aber von Griechenland blockiert wurde, würde damit weiter daran gehindert, der EU und der Nato beizutreten.

Die Regierung unter Präsident Emmanuel Macron will bis zu den EU-Wahlen 2019 kategorisch keinen Erweiterungsschritten zustimmen. Das hat auch damit zu tun, dass der liberal gesinnte Staatschef Angst vor dem Einfluss von illiberalen osteuropäischen Ländern wie den Visegrád-Staaten hat. Macron will, dass die proeuropäischen Parteien in wichtigen EU-Staaten an der Macht bleiben, und fordert deshalb, dass man keine neuen Erweiterungsverhandlungen zulassen solle.

Schaden für Glaubwürdigkeit

In vielen EU-Staaten hat man zudem noch nicht realisiert, dass die Erweiterungspolitik auf dem Balkan mit strengen Auflagen belegt ist. Viele Reformfortschritte, etwa die umfassende Demokratisierung in Mazedonien und die Justizreform in Albanien, werden gar nicht beachtet. Auf dem Spiel stehen aber auch die gesamte Konditionalitätspolitik der EU und die Erweiterung an sich.

Der Südosteuropa-Experte Tobias Flessenkemper des Europa-Instituts Cife in Nizza sagt: "Der EU-Rat hat die Aufgabe, die von ihm selbst aufgestellten Kriterien einzuhalten und daher den Fortschritt, der in den Ländern gemacht wird, sachgerecht zu würdigen. Wenn er dies nicht tut, schädigt er die Glaubwürdigkeit seiner eigenen Politik dauerhaft."

Wenn es demnach diese Woche kein Signal gebe, dass sich Anstrengungen lohnen, zerstöre man den Prozess der Erweiterung, so Flessenkemper zum STANDARD. (Adelheid Wölfl, 25.6.2018)