Bei dem Spitzentreffen in Berlin erschien für die CDU auch Kanzlerin Angela Merkel, die sich im Bild mit Unionsfraktionschef Volker Kauder unterhält.

Foto: AFP/JOHN MACDOUGALL

Berlin – Das Krisentreffen der Spitzen von CDU, CSU und SPD am Dienstagabend im deutschen Kanzleramt hat nach Angaben von Unionsfraktionschef Volker Kauder keine Einigung im Asylstreit gebracht. Im ARD-"Morgenmagazin" sagte Kauder am Mittwoch, eine Einigung sei "auch gar nicht zu erwarten" gewesen, da erst noch die Parteigremien von CDU und CSU am Sonntag tagen würden.

"Es ist sehr ernst, das hat man gestern auch in den Gesprächen gemerkt", sagte Kauder. Um weiter Zeit für Gespräche zu haben, werde der Start in die Budgetwoche von Montag auf Dienstagmorgen verschoben, kündigte Kauder an. Dann gebe es am Montag ausreichend Zeit, um in den Gremien der Fraktion zu diskutieren. Solange miteinander gesprochen und darüber beraten werde, wie es weitergehe, "ist darauf zu hoffen, dass wir zu einem Ergebnis kommen".

Nach dem Spitzentreffen am Dienstagabend wurde zunächst geschwiegen.
ORF

Kauder betonte, dass der Asylstreit die Arbeitsfähigkeit der Regierung nicht einschränke. "Die Koalition ist handlungsfähig." Kein einziges Projekt werde verschoben. So habe sich die Regierung etwa auf die Details bei der Einführung des Baukindergeldes verständigt. "Wir haben uns darauf geeinigt: Es wird in der Zeit vom 1.1.2018 bis zum 31.12.2020 gezahlt werden, und zwar ohne eine Begrenzung auf Quadratmeterzahlen", sagte Kauder. Der Koalitionsausschuss habe sich festgelegt, dass es bei dem Volumen von 12.000 Euro Förderung pro Kind in einem Zeitraum von zehn Jahren bleibe. "Damit wird ein schneller Schub für den Wohnungsbau gemacht."

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nicht mehr Zeit bei der Suche nach einer europäischen Lösung zur Neuordnung der Asylpolitik gewähren. Wenn man das zeitlich nach hinten schiebe, sei nichts gewonnen. Die CSU will am Sonntag über die Ergebnisse des EU-Gipfels am Donnerstag und Freitag beraten und ab Montag gegebenenfalls Asylsuchende an der Grenze abweisen, wenn sie schon in einem anderen Land registriert sind.

Nationaler Alleingang angedroht

Merkel steht unter großem Druck. Hintergrund des Asylstreits ist die Ankündigung von Innenminister und CSU-Chef Horst Seehofer, Asylwerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert wurden, ab 1. Juli an der deutschen Grenze abzuweisen. Merkel ist gegen diesen "nationalen Alleingang". Sie möchte auf dem Gipfel am Donnerstag und Freitag für eine "europäische Lösung" werben. Seehofer würde nach eigenen Worten auf die Zurückweisungen an der Grenze verzichten, wenn Merkel auf EU-Ebene eine Vereinbarung erzielen sollte, die den gleichen Effekt hätte wie die von ihm geplante Maßnahme.

Merkel besteht seit Wochen darauf, dass statt nationaler Zurückweisungen ein Maßnahmenbündel nötig sei, das mit den EU-Partnerstaaten abgesprochen werden müsse. Dazu will sie sich in den kommenden Tagen um Rücknahmeabkommen bemühen. Dabei kann sie mittlerweile teilweise mit Rückendeckung der EU rechnen. Im Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels heißt es, alle Schengen-Staaten sollten verstärkt dagegen vorgehen, dass in anderen Ländern registrierte Flüchtlinge innerhalb Europas weiterreisen.

SPD spricht von "Blockade"

SPD-Chefin Andrea Nahles wirft der Union unterdessen eine Blockade der Regierungsarbeit vor. "Der Streit in der CDU/CSU lähmt die gesamte politische Arbeit", sagte sie am Dienstag. Auf die Frage, ob sie sich auf Neuwahlen vorbereite, antwortete Nahles am Mittwoch im ARD-"Morgenmagazin": "Das weiß ich noch nicht. Ich sage Ihnen ganz ehrlich, das warten wir jetzt mal ab." Sie könne die Konflikte zwischen CDU und CSU nicht lösen.

"Weltfremde" Annahmen

Innenminister Seehofer machte am Dienstag deutlich, dass er vom Fortbestand der großen Koalition ausgehe. Wenn Politiker und Medien glaubten, das Bündnis fliege bald auseinander, sei das "weltfremd", sagte Seehofer zu "Focus Online". CSU-Landesgruppenchef Dobrindt betonte: "CDU und CSU sind eine Schicksalsgemeinschaft." Unionsfraktionschef Kauder erklärte: "Dass wir heute so gut dastehen, hat auch mit 70 Jahren erfolgreicher Politik von CDU und CSU zu tun. Und das wollen wir auch in Zukunft so beibehalten."

Der stellvertretende CSU-Vorsitzende Manfred Weber rief die Unionsparteien auf, ihren Streit beizulegen. "CDU und CSU müssen einen gemeinsamen Weg finden, sonst wird es für beide Seiten nur Verlierer geben", sagte Weber der "Welt". "Es gibt keine bessere Lösung als die Aufstellung, die CDU und CSU heute haben. Alle Spekulationen über ein getrenntes Vorgehen der beiden Parteien sind geschichtsvergessen." (APA, Reuters, 27.6.2018)