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Die Frau an seiner Seite: Als das – und nur als das – wird sie beurteilt.

Foto: Reuters/JONATHAN ERNST

Die Berichterstattung über Melania Trump macht etwas ratlos. Egal müsste es einer eigentlich sein, alles, was da über Melania Trump geschrieben, getwittert, gelästert wird. Ihre "First Lady"-Fehltritte sind im Vergleich zu den politischen Fehlern ihres Mannes mit all ihren ethischen Grenzüberschreitungen so etwas von egal. Melania ist auch keine feministische Schutzbefohlene, die vor der Häme der Öffentlichkeit bewahrt werden muss, dafür hätte sie eigentlich ziemlich viele Leute, die das erledigen sollten. Und sie muss nicht dahingehend interpretiert werden, was sie wie mit was eventuell aussagen will.

Der einzige mögliche Erkenntnisgewinn, den das Gerede über Melania Trump bringen könnte, ist der, dass es uns den Status quo hinsichtlich Gleichberechtigung vor Augen hält. Denn im Grunde ist es schon erbärmlich: Wir reden tatsächlich darüber, was eine gute Ehefrau ausmacht.

Sicher, Melania Trump ist nicht irgendeine Ehefrau, sie ist durch die Präsidentschaft ihres Angetrauten eine öffentliche Person. Aber sie ist eine öffentliche Person, die offenbar eine einzige Kompetenz aufweisen muss: eine gute Ehefrau zu sein. Und diese Attribute sind keine speziellen Präsidentengattinnen-Attribute, sondern sie sind eng mit den noch immer existierenden Vorstellungen einer "guten Frau" verwoben. Wenn sich eine öffentliche Debatte daran entzünden kann, dass es einer Frau an diesen Eigenschaften mangelt, dann läuft gendermäßig irgendetwas noch immer verdammt schief.

Weder charmant noch liebevoll

Charmant sein, dem Ehemann durch ihr Handeln den Rücken stärken und so vollste Unterstützung für alles, was dieser tut, signalisieren, liebevolle Blicke und Gesten ihm gegenüber, ihn bloß nicht blamieren (auch wenn er das beinahe tagtäglich bravourös schon selbst hinbekommt) oder ihm dorthin folgen, wohin er auch gehen mag: Melania hat nichts davon drauf.

Sie spricht wenig, schlägt seine Hand weg, wenn sie sie ihm nicht geben will (auch auf einem roten Teppich), kupfert eine Rede ihrer Vorgängerin Michelle Obama derart plump ab, dass es niemand überhören kann, zog nicht stante pede mit Donald Trump ins Weiße Haus, sondern verharrte noch in New York, und mit ihrem letzten "Patzer" – so könnte man interpretieren – vereinte sie jegliches Kompetenzversagen als liebe Gattin in einem gewählten Kleidungsstück. Sie wissen schon, die Jacke mit der Aufschrift "I really don't care. Do U?" für den Besuch bei Kindern, die an der Grenze von ihren Eltern getrennt wurden. Eine menschenverachtende Lage, die freilich US-Präsident Trump und nicht diese Jacke geschaffen hat, über die aber wahrscheinlich fast ebenso viele Berichte erschienen.

Es ist eigentlich eine interessante Wendung, dass die in sämtlichen gesellschaftspolitischen Fragen fortschrittliche, feministische Michelle Obama die perfekte Ehefrau gab, während die stockkonservativen Trumps die gutbürgerliche Idee des perfekten Ehepaars ziemlich ad absurdum führen. Allerdings tat es auch bei Michelle Obama weh, wie sehr diese kluge Frau zwar abgefeiert, aber in Wahrheit ständig mit der Messlatte "Ehefrau" beurteilt wurde. Dies sollte 2018 schlichtweg keine Kategorie mehr sein. Auch nicht für Melania Trump. (Beate Hausbichler, 27.6.2018)